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Der eine oder andere von Ihnen erinnert sich vielleicht noch: Da ich mich seit längerem mit Themen rund ums Abnehmen beschäftige, habe ich letztes Jahr über den Nutzen von Gewohnheiten geschrieben und in einem Folge-Artikel, wie Gewohnheiten verändert werden können. Nachdem ich mich selbst mit der Theorie auseinandergesetzt hatte, wollte ich wissen, wie gut ich eine unerwünschte Gewohnheit in der Praxis verändern kann.
Wie die meisten von uns hatte ich unzählige Ideen, welche Verhalten ich schon länger verändern wollte. Und obwohl ich wusste, dass weniger mehr ist, wollte ich dennoch mehr als eine Gewohnheit ändern. Was meinen Sie, wie es mir bei meinem Selbstversuch erging? Eine durchzogene Zwischenbilanz.
Als erstes ein Bespiel, bei dem ich erfolgreich eine Gewohnheit verändern konnte. Zugegeben, das war nicht eine wirklich schwerwiegende Gewohnheit, wie aufhören zu rauchen. Und trotzdem erfüllt es mich mit Befriedigung. Ich kann mit reinen Gewissen sagen, es klappt. Kein einziges Mal hatte ich einen Rückfall und fiel in mein altes Verhalten zurück. Um was ging es?
Aus Gewohnheit Fahrstuhl benutzen oder doch lieber Treppen steigen?
Seit wir in unserer neuen Wohnung wohnen, haben wir einen Aufzug. Ich hatte mir vor dem Einzug vorgenommen, im Normalfall die Treppe zu benutzen und höchsten, wenn ich viel zu transportieren hatte, den Aufzug zu nehmen. Anscheinend hatte ich immer viel zu transportieren… Sobald ich durch die Tür ins Treppenhaus kam, steuerte ich schon automatisch den Fahrstuhl an, drückte und fuhr hoch. Meistens realisierte ich es nicht einmal.
Wie ich in den beiden Artikel über Gewohnheiten und Gewohnheiten loswerden geschrieben habe, besteht eine Gewohnheit aus drei verschiedenen Punkten: einem Auslösereiz, einer automatischen Handlung und einer Belohnung.
Um unsere schlechte Gewohnheit ändern zu können, müssen wir sie in einem ersten Schritt als solche erkennen. Woraus bestand meine schlechte Gewohnheit? Das war in meinem Fall nun wirklich nicht schwierig: Ich benutzte immer den Fahrstuhl statt die Treppe.
Was war meine Belohnung, wenn ich mit dem Aufzug hinauffuhr?
Um eine Gewohnheit ändern zu können, ist der zweite Schritt meist der schwierigste. Da geht es darum uns zu fragen: Warum machen wir dieses Verhalten? Was ist für uns die «Belohnung»?
Ursprünglich fuhr ich nur Fahrstuhl, wenn ich viel zu transportieren hatte. Da ich immer noch ein «Schwergewicht» war, hat dies zur Folge, dass Treppen steigen schon ohne Ballast eher mühsam war und nicht so schnell ging. Beladen mit vielen Einkäufen fand ich das Treppensteigen schlicht zu mühsam. Das Aufzugfahren versprach mir also als Belohnung Bequemlichkeit und Schnelligkeit.
Glücklicherweise wohne ich jedoch nicht im zehnten Stock. Deshalb war ich mir sicher, dass ich nach ein paar Wochen Training, viel leichter die Stufen hinaufgehen würde. Auch meine Schnelligkeit würde sich verbessern. Dazu kam, dass ich nicht mehr warten musste, wenn der Aufzug besetzt war. Also lohnte es sich in jedem Fall, die Treppe zu benutzen.
Wodurch wurde mein Verhalten ausgelöst und wie muss ich mein Verhalten in Zukunft planen?
In einem dritten Schritt geht es darum, den Auslösereiz zu erkennen. Dies war einfach: Als Auslösereiz diente der Standort. Beim Verlassen der Tiefgarage kam ich direkt ins Treppenhaus. Da bog ich, ohne eine Sekunde zu zögern, immer gleich nach links ab und stand direkt vor dem Aufzug. Im vierten Schritt verknüpfte ich nun alle Elemente zu einem konkreten Plan: Von nun werde ich statt links immer nach rechts abbiegen. Dadurch werde ich direkt vor der Treppe stehen und sie automatisch hochgehen. Dies stellte ich mir lebhaft vor. Und siehe da, es klappt seither mühelos – auch in andern Treppenhäusern.
Wieso hatte ich dann weniger Erfolg, als ich bei meinen Stressverhalten meine Gewohnheit ändern wollte?
Wie zu Beginn beschrieben, nahm ich mir vor, gleich mehrere schlechte Gewohnheiten zu ändern. Eine war mein Stressverhalten. Unter Stress gönne ich mir ab und zu Schokolade. Diese wollte ich schon lange ändern. Ich wusste, dass Schokolade die Belohnung war. Nur, für was stand die Schokolade? Was war das ursprüngliche Bedürfnis dahinter? Und auf welche andere Weise kann ich dieses Bedürfnis befriedigen?
Das sorgfältige Analysieren eines Verhaltens kostet Zeit und Aufmerksamkeit. Zwei Dinge, die ich damals wie auch heute nicht im Übermass zur Verfügung habe. So kam es, dass ich mir zwar immer wieder dazu Gedanken machte. Nur fand ich dabei nicht wirklich heraus, für welches Bedürfnis in diesem Fall die Schokolade steht. Und statt systematisch weiterzusuchen, wenn ich merkte, dass das Auswechseln der Belohnung nicht klappte, versandete mein Vorhaben im Alltagstrott. Eigentlich hatte ich mich selbst von Beginn an zum Scheitern verurteilt.
Wie heisst es so schön? Hinfallen ist erlaubt, Aufstehen Pflicht. Jetzt will ich es erst recht wissen. Und plane mir auch gleich genügend Zeit ein, um diese eine Gewohnheit «Schokolade essen bei Stress» zu analysieren und sie in den nächsten Wochen gezielt zu ändern.
Änderung ist möglich, jedoch nicht bei allem gleich einfach
Schlechte Gewohnheiten lassen sich durchaus verändern oder gar loswerden. Bei einigen fällt es uns einfacher, bei anderen benötigen wir mehr Zeit. Sie erfordern mehr Vorbereitung, bessere Planung und vor allem eine längere Umgewöhnungsdauer. Gerade wenn wir beruflich oder privat sehr eingespannt sind, sollten wir lieber nur eine Gewohnheit auf einmal ändern und dafür täglich darauf achten, die neuen Abläufe oder Handlungen einzuüben.
Sicher haben auch Sie ungeliebte Gewohnheiten, die Sie ändern möchten. Wie wäre es, wenn Sie gleich heute damit beginnen? Ein chinesisches Sprichwort meint treffend: „Auch ein langer Weg beginnt mit dem ersten Schritt.“ Dies trifft auch beim Gewohnheit ändern zu.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg!
Ihre Susan Rothenberger