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Ist ständiger Hunger und die Gier nach Essen bereits «Fresssucht»? Vielleicht schütteln Sie nun verständnislos den Kopf und denken: «Kann ja jeder kommen. Die sollen sich doch einfach etwas zusammennehmen, weniger essen und mehr Sport machen. Dann nehmen sie von alleine ab.»
Wenn es denn so einfach wäre, würde nicht weltweit die Zahl der Übergewichtigen stetig zunehmen. Obwohl – ist da nicht die moderne Nahrungsmittelindustrie mit dem vielen versteckten Zucker in ihren Produkten der wahre Schuldige? Auch wenn diese sicher direkt oder indirekt zum Problem des steigenden Übergewichts der Weltbevölkerung und somit auch zur Fresssucht beitragen, möchte ich in diesem Artikel nicht näher darauf eingehen.
Nachdem ich im Artikel «Emotionales Essen» schon kurz auf das Thema «Sucht» eingegangen bin, will ich heute die ganze Thematik vertiefen. Wie erlebe ich es als direkt Betroffene? Was denken die Fachleute und Forscher darüber? Was tue ich, um gesund abnehmen zu können?
Die Gier nach Essen ist für mich eine Art Sucht
Sie fragen sich vielleicht, wieso ich überhaupt auf die Idee kam, die Gier nach Essen könnte eine Art «Sucht» sein. Dazu eine kurze Geschichte: Vor rund 25 Jahren fragte mich ein Arzt bei einer Routine-Untersuchung: «Trinken Sie Alkohol oder rauchen Sie?» Ich verneinte und antwortete todernst: «Meine Sucht ist Schokolade essen.» Was meinen Sie, wie damals der Arzt auf meine spontane Antwort reagierte? Sichtlich geschockt und schlicht überfordert. Damals wie oft noch heute finden viele, «die sollen sich doch bloss etwas zusammenreissen und weniger essen». Doch ganz so einfach ist es nicht.
Ich hingegen konnte immer gut nachvollziehen, dass sich viele Raucher mit dem Aufhören schwertun. Und dies, obwohl ich in meinem Leben nie geraucht hatte. Es ging mir ja gleich, wenn es um den Verzicht der Schokolade ging. Früher durchsuchte ich manchmal meine ganze Wohnung in der Hoffnung, doch noch irgendwo Schokolade zu finden. Schliesslich bestand ja keine Möglichkeit, am Abend einkaufen zu gehen.
Schon damals litt ich darunter, wollte ich ja wirklich abnehmen. Über Jahre mit verschiedenen Wohnortswechsel fragte ich deshalb immer wieder Ärzte, ob sie mich bei der Gewichtsabnahme unterstützen könnten. Die Antworten fielen immer in der gleichen Art aus: «Was wollen Sie denn, die Erfahrung zeigt, dass es doch sowieso keiner schafft.» Sie können mir glauben, so eine Aussage ist ziemlich demotivierend.
Etwas als «Fresssucht» zu bezeichnen, entbindet nicht von Eigenverantwortung
So habe ich mich mehr oder weniger schon mein ganzes Leben mit meinem Übergewicht herumgeschlagen. Ich stellte dabei fest, dass es beim Abnehmen nicht mit ein paar Kilos verlieren getan ist. Die kamen immer schneller als mir lieb war und in Begleitung von «Kollegen» zurück. Dies führte dazu, dass ich mich in letzter Zeit vertiefter mit meinem Übergewicht wie auch mit möglichen Hintergründen, wie etwa «Fressucht», beschäftigte.
Den Diäten gibt es viele, die zumindest kurzfristig mehrheitlich zum Erfolg führen. Wieso tun sich dann trotzdem so viele Menschen schwer, langfristig abzunehmen? Eine Erklärung sehe ich im möglichen Suchtpotential vom Essen. Massloses, Emotionales Essen als eine Ersatzhandlung, um sich nicht mit negativen Gefühlen herumschlagen zu müssen.
Dabei ist mir als Betroffene etwas ganz wichtig: Ich bin selbst verantwortlich für mein Gewicht und den Umgang damit. Mit der Aussage «es ist eine Sucht» will ich nicht andern oder den «bösen» Umständen die Schuld für meinen Körperumfang zuschieben. Vielmehr sehe ich es als Chance mich mit verkannten oder unbewussten Gefühlen auseinanderzusetzen – auch wenn mir dies zugegebenermassen nicht immer Spass macht.
Wird dadurch nachhaltiger Erfolg beim Abnehmen in Frage gestellt
Ist ein nachhaltiger Erfolg beim Abnehmen also nicht möglich, da das Essen eine Sucht ist? Doch, ich bin überzeugt, dass Abnehmen möglich ist. Mein Essverhalten hat sich im Laufe der Zeit stark verändert. Ich selbst esse immer öfter was mir schmeckt und mir guttut. Da habe ich mit der Ernährung nach meinem individuellen Ernährungstyp endlich einen Weg gefunden, die für mich einfach und dauerhaft umsetzbar ist.
Meine Gewichtsabnahme von über 30 Kilo bestätigt mir, dass ich mich auf dem richtigen Weg befinde. Auch wenn noch ein weiter Weg vor mir liegt, bin ich überzeugt, dass ich mein gesetztes Ziel erreichen werde. Dazu kommt, dass wir heute immer wieder von stark Übergewichtigen lesen, die es schafften dauerhaft abzunehmen. Wieso sollen die es schaffen und ich nicht?
Und dennoch gebe ich zu, dass ich manchmal noch heute «Abstürze» habe. Trotz bestem Wissen und wider mein Bestreben, mich immer gesund zu ernähren, esse ich dann im Übermass Süsses. Diese Abstürze kommen weniger häufig vor, sind weniger «schwerwiegend» als früher und dauern auch nicht mehr so lange. Nichtsdestotrotz ist für mich auch heute noch Emotionales Essen, speziell in Form von Schokolade, als eine Art «Sucht» ein Thema.
(Miss)-Erfolg der herkömmlichen Therapien bei Übergewichtigen
Nach Auswertung der Zahlen bleibt den Ärzten in Spezialkliniken nicht viel anders übrig als zuzugeben, dass der langfristige Erfolg von herkömmlichen Therapien erschreckend gering ist. Etwas besser stehen da die operativen Therapien da. Viele Kliniken setzen vermehrt auf Eingriffe wie Magen- und Darmverkleinerungen, Magenband – um nur einige zu nennen. Der Erfolg ist abhängig von der gewählten Methode. Die Nebenwirkungen und die Risiken für die Behandelten sind jedoch zum Teil gravierend.
Oft müssen die Operierten ein Leben lang Vitamin- und Mineralstoff-Präparate einnehmen um ihren Körper vor einem lebensgefährlichen Vitalstoff-Mangel zu schützen. Und manch einer weiss geschickt, seiner Lust nach Süssem nachzugeben. Durch Umgehen der künstlichen Operationsschranken mit süssen Getränken behält er trotz allem sein Übergewicht.
Bei dem sehr begrenzten Erfolg vieler Therapien kommen wir nicht umhin uns zu fragen: Liegt es an den vielen willensschwachen Menschen? Oder könnte es nicht doch sein, dass die Therapien einfach am falschen Punkt ansetzen? Dass vielleicht doch eine Art «Sucht» eine Rolle spielt? Wie sehen es die Fachleute?
«Fresssucht»: Meinungen der Fachleute
Während viele Mediziner es bis heute noch ablehnen, massloses Essen mit «Sucht» gleichzusetzen, sehen es vor allem Ärzte in Spezialkliniken und Forschungsinstituten etwas anders. Wissenschaftliche Studien an der Universität in Würzburg belegen den Erfolg derselben Achtsamkeitstherapien, die auch bei Alkohol- und Tabakabhängigkeiten eingesetzt werden. Die übergewichtigen Teilnehmer lernen damit, ihren Ess-Gelüsten nicht einfach nachzugeben. Die Würzburger Forscher versprechen sich durch diesen neuen Ansatz mehr Erfolg bei einer dauerhaften Gewichtsreduktion bei Essstörungen.
Gehirnstrukturen bei Drogenabhängigkeiten und Übergewicht sind ähnlich
Eine Forschungsgruppe vom Max-Planck-Institut aus Leipzig konnte beweisen, dass die Veränderungen in der Hirnstruktur bei bekannten Drogenabhängigkeiten und Übergewicht ganz ähnlich sind. Verhaltenstests und bildgebenden Verfahren wie Magnetresonanztomographie (MRT) weisen darauf hin, dass bei beiden Gruppen vergleichbare Prozesse im Gehirn ablaufen.
Dr. Annette Horstmann ist überzeugt, dass es sich bei Adipositas, also bei sehr starkem Übergewicht um ein typisches Suchtverhalten handelt. Eines der Ziele ihrer Forschungsgruppe ist, mit Hilfe der Neurowissenschaften Ursache und Entstehung der verschiedenen Arten von Essstörungen zu verstehen. Dies soll dazu führen, dass diese dann besser therapiert werden können.
Die Zukunft wird zeigen, inwiefern diese Einschätzung durch die Wissenschaft bestätigt wird, dass es eine «Fresssucht» gibt. Ebenso sieht man erst dann, inwiefern die neuen Therapie-Ansätze langfristigen Erfolg bringen werden.
Ob «Sucht» oder nicht, Eigenverantwortung ist gefragt
Die Frage, ob masslosses Essen als «Sucht» betrachtet werden kann, ist noch nicht abschliessend geklärt. Auf wissenschaftlicher Basis weisen zumindest verschiedene Studienergebnisse daraufhin, dass ein Zusammenhang nicht ausgeschlossen werden kann. Ich für mich nehme mein Verlangen nach Schokolade als eine Art «Sucht» wahr.
Nichtsdestotrotz entbindet dies mich nicht vor der Verantwortung. Deshalb will ich noch achtsamer meinem Verlangen nach Schokolade begegnen und Schritt für Schritt lernen, bewusster damit umzugehen. Im Moment den Gelüsten nachgeben ist zwar einfach, führt uns aber langfristig nicht zu unseren Zielen. Dabei geholfen hat mir die Umstellung meiner Ernährung nach meinem individuellen Ernährungstyp sowie das bewusste Auseinandersetzen mit meinem Essverhalten.
Dieses bewusste Auseinandersetzen wünsche ich deshalb auch all jenen, die sich irgendwo in diesem Artikel wiedererkennen. Zu wissen, wo wir im Augenblick stehen, ist ein erster Schritt um danach in die richtige Richtung zu gehen. Und, falls es mir gelungen ist, bei Nicht-Betroffenen Verständnis für die Kämpfe der Übergewichtigen zu wecken – dann hat sich dieser Artikel gelohnt.
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Ich wünsche Ihnen viel Erfolg auf Ihrem Weg zu einem achtsameren Umgang mit Essen,
Ihre Susan Rothenberger
Als junges Mädchen hatte ich eine angehende Ess-Brech-Sucht. Mir war klar, dass das nicht in Ordnung ist. Woanders hungern die Menschen.
Damit habe ich mich auch eher schlecht gefühlt. Mit dem Gebet: Ich wiedersage dem Bösen im Namen Jesu Christi, 3 x ausgesprochen, und dem Glaubensbekenntnis bin ich sofort von dieser Versuchung frei geworden. Halleluja. Ein weiteres sehr einfaches und wirksames Fasten ist das Brot und Wasser-Fasten nach Medjugorje. Einen Tag nur Brot, auch Pizza-Brot ist erlaubt, und nur Wasser trinken. Ein Tag durchhalten ist nicht so schwer. Man kann sich trösten, dass man am nächsten Tag alles essen darf – meist denkt man da dann gar nicht dran.
Hallo Bettina,
schön, hat das bei Ihnen so gut geklappt. So findet jeder seinen Weg, wie er damit umgehen kann. 🙂