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Wo immer Menschen mit weißer Hautfarbe gewandert sind, da wächst Spitzwegerich, der «fürstliche Wegbegleiter». Die altgermanische Bezeichnung Wegerich bedeutet auch «Herrscher am Weg». Wie die Namen nahe legen, finden wir die Wegerich-Arten auf Schritt und Tritt.

Der Spitzwegerich (Plantago lanceolata) kommt in ganz Europa, Nord- und Mittelasien in großen Mengen vor und wächst bevorzugt auf trockenen Wiesen, an Wegrändern und auf Äckern.

Die Indianer Nordamerikas nannten ihn «Fußstapfen des weißen Mannes», weil sich seine schleimhaltigen Samen an Räder und Fußsohlen geheftet haben und so nach Amerika gekommen sind und sich dadurch im ganzen Land verbreitet haben. Das griechische «plantago» heißt übersetzt «Fußsohle» und weist auf die Verwendung des Breitwegerichs bei Wanderungen hin. Dort schützt es die Fußsohle vor Blasen.

Spitzwegerich – die unscheinbare Pflanze

Spitzwegerich bildet eine grundständige Blattrosette mit 20-40cm langen, schmalen, lanzettförmigen Blättern, aus deren Mitte ein langer, aufrechter Stengel wächst, an dessen Ende eine kuglige, fast farblose Blüte sitzt.

Spitzwegerich-Blätter
Photo by Pixabay

Die Spitzwegerichblätter können ab Frühjahr und dann den ganzen Sommer hindurch geerntet werden. Am besten ernten Sie die frischen Blätter kurz vor der Blüte. Diese können dann frisch zu Tee, Tinkturen oder Sirup verwendet und natürlich getrocknet werden. Der Geschmack der frischen Droge ist etwas bitter und schleimig, deshalb kommt der Spitzwegerich bei mir nur zu kleinen Anteilen in frische Frühlingssalate. Diese Pflanze gehört aber unbedingt, in welcher Form auch immer, in jede Hausapotheke hinein.

Die Hauptanwendungsgebiete sind Atemwegs- und bei Hauterkrankungen.

Spitzwegerich bei Atemwegserkrankungen

In dieser Pflanze finden wir einen hohen Anteil an Schleimstoffen (bis 6%), diese wirken reizlindernd und schützen angegriffene Schleimhäute. Durch die Wirkung verschiedener Schleimstoffe kommt es auch zu einer Produktionssteigerung von Granulozyten, also auch zu einer gewissen immunstimulierenden Wirkung. Außerdem finden wir bis zu 5% Gerbstoffe und 2% Aucubin. Aucubin gehört in die Gruppe der Glycoside und wirkt antibiotisch.

Leider werden bei der Teeherstellung die dazu notwendigen Enzyme inaktiviert, so dass die antibiotische Wirkung bei Tee verloren geht. Aber in Frischpflanzenpresssaft haben wir diese Wirkung. Der Saft des Spitzwegerichs schimmelt durch das Aucubin auch nicht, die Säfte der meisten anderen Pflanzen schon. Außerdem beinhaltet die Pflanze noch beträchtliche Mengen an Kieselsäure, Flavonoiden, Vitaminen und Mineralstoffen.

Spitzwegerich-Tee
Photo by Pixabay

Insgesamt also wirken die Inhaltsstoffe reizmildernd, entzündungs- und hustenhemmend, gewebefestigend, antibakteriell und zusammenziehend.

Angewendet wird Spitzwegerich bei Katarrhen der Atemwege, bei akuten Bronchitiden, vor allem auch bei Reizhusten. Außerdem auch bei allen entzündlichen Veränderungen der Mund- und Rachenschleimhaut.

Besonders in der Kinderheilkunde wird Spitzwegerich sehr gern bei Husten und Reizhusten angewendet, man bezeichnet ihn auch oft als «pflanzliches Kodein». Wie Sie Spitzwegerich-Sirup für sich und ihre Kinder selbst herstellen können, erkläre ich Ihnen am Ende des Beitrages.

Anwendung bei Hauterkrankungen

Spitzwegerich gehört zu den bekanntesten und berühmtesten «Erste-Hilfe-Blättern», die man an jedem Wegesrand leicht finden kann. Seine wundheilenden Wirkungen sind schon lange bekannt. Im «Herbarius», einem Werk, das im Mittelalter hoch geschätzt war, befindet sich die «herba plantago» an erster Stelle der 130 genannten Heilpflanzen. In einem angelsächsischen Kräutersegen, niedergeschrieben im 11.Jahrhundert, wird der Wegerich neben dem Beifuß auch als «Mutter aller Kräuter» erwähnt. Er galt als eine Art Universalheilmittel. Durch alle Zeiten hindurch wird er als Mittel bei Hautverletzungen hervorgehoben. Der Spitzwegerich ist ein Heilkraut gegen Hieb-, Stich und Schnittwunden, das alle Menschen kennen sollten.

Spitzwegerich bei Hauterkrankungen
Spitzwegerich eignet sich bestens zur ersten Wundversorgung. Bild©BR

Die Wirkungen der Droge auf die Haut sind reizmildernd (Schleimstoffe), zusammenziehend (Gerbstoffe), antibakteriell, entzündungshemmend und wundheilungsfördernd, wässrige Auszüge beschleunigen die Blutgerinnung.

Angewendet wird der Spitzwegerich bei Hautverletzungen, Schleimhautdefekten, Insektenstichen, juckende Hautallergien, bei leichten Verbrennungen und Sonnenbrand, ein Kraut, welches sich bestens zur ersten Wundversorgung bewährt hat.

Anwendung von Spitzwegerich

Die Droge wird als Tee folgendermaßen zubereitet: 1TL (1,5g Droge) mit einer Tasse kaltem (zur Reizlinderung) oder heißem (bei Bronchitis) Wasser überbrühen. 30min. kalt oder 7 min. heiß ziehen lassen, mehrmals täglich 1 Tasse schluckweise trinken.

Für Umschläge 3-6g Droge mit 150ml heißem Wasser übergießen, 10 min. ziehen lassen und abgießen. Eine Mullbinde oder ein Leinentuch damit durchfeuchten und als Umschlag auflegen (mehrmals täglich).

Frischpflanzenpresssaft kann man selbst herstellen oder im Reformhaus/Apotheke kaufen und den guten, alten Spitzwegerich-Sirup nicht vergessen, am besten selbst gemacht (Zubereitung siehe unten)

Mythen und Aberglauben

Um diese Pflanze rankte sich seit jeher im Volke viel Aberglauben. Der Wegerich galt in vergangenen Zeiten als ein Bote der Vegetations- und Totengöttin. Als die Menschheit sesshaft wurde dienten Wege oftmals nur kultisch-sakralen Zwecken. Das Heiligtum, der Tempel oder andere heilige Stätten gehörten mit dem Weg dorthin untrennbar zusammen. Und hier haben wir ihn wieder, den «Herrscher des Weges», auch jenes Weges, der ins Reich der Toten führt.

Spitzwegerich für die Liebe
Aber er vermag auch Liebe zu geben, zu nehmen oder zu dämpfen, so der Volksglaube. Bild©fuenfseenland.de

Nicholas Culpeper, ein Kräuterarzt und Astrologe der englischen Renaissance, setze die Heilpflanze beispielsweise bei Heinrich VIII. ein, der für seine zahlreichen Ehen bekannt ist. Ob es geholfen hat, ist nicht überliefert. Für die heilige Hildegard von Bingen war der Wegerich ein Mittel, um von angezauberter Liebe frei zu werden. Die Franzosen nutzen ihn genau anders herum. Wollte man von allen geliebt werden, so musste man an Johanni vor Sonnenaufgang den Wegerichsamen sammeln, pulverisieren und in einen Gänsekiel bringen und bei sich tragen. Auch die Wurzel, mit den Händen ausgegraben und zusammengebunden um den Hals oder das Haupt getragen, sollte vor bösem Einfluss schützen.

Abe bevor Sie jetzt alle loslaufen und sich die Wurzeln ausgraben, möchte ich Ihnen noch das Rezept des Spitzwegerichsirups geben:

Erdkammersirup

Sie schichten Spitzwegerichblätter, grob zerkleinert, abwechselnd mit Honig in ein Glas und schließen oben mit Honig ab. Das Glas wird gut verschlossen und im Garten mindestens 50cm tief vergraben (gleichbleibende Temperatur). Achtung, markieren Sie sich die Stelle, damit sie später nicht den halben Garten umgraben müssen!

Spitzwegerich Erdkammersirup
Mit Honig wird der Spitzwegerich in ein Glas geschichtet, bevor alles drei Monate in die Erde kommt. Bild: @BR

Nach 3 Monaten können Sie das Glas wieder ausgraben, den Sirup abgießen und in dunkle Flaschen abfüllen. Wenn sie ihn kühl aufbewahren, ist er ca. 1 Jahr haltbar. Bei Husten mehrmals täglich einen Teelöffel davon einnehmen.

Alles Gute! Ihre Katrin Seemann

4 Kommentare

  1. Toller Beitrag. Ich wollte schon lange einen Hustensirup aus Spitzwegerich selber herstellen, jetzt weiss ich endlich wie.

  2. Hallo Frau Seemann,
    gerne würde ich den Spitzwegerichsirup ansetzen. Ich hätte dazu noch eine Frage. Kann ich das Glas mit dem geschichteten Sirup nicht einfach in den Kühlschrank stellen? Dort habe ich die nächsten drei Monate doch auch eine gleichbleibende Temperatur?
    Freue mich auf Ihre Antwort.
    Mit freundlichem Gruß
    Heike Drees

    • Liebe Frau Drees,
      der Kühlschrank bietet zwar gleichbleibende Temperatur, aber leider zu kalt. Im Erdreich bleiben es in gewisser Tiefe immer um die 12-15°C, die dafür optimal sind. Wer einen Keller hat mit diesen Voraussetzungen kann diesen natürlich auch gern nutzen.
      Viel Spaß beim Ausprobieren!
      Viele Grüße
      Katrin Seemann

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