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Wenn alles anders ist und jegliche Abläufe plötzlich nicht mehr gelten, braucht es besonders in sozialen Berufen einen besonderen Zusammenhalt. Ich habe für euch Ideen und Statements zusammengetragen, die euch helfen können, die Krise zu meistern. Euch anzunehmen. Euch gegenseitig zu stärken.
«Die Bewohner/innen zeigen die unterschiedlichsten Reaktionen auf die Situation, was das ohnehin schwierige Arbeitsfeld nicht leichter macht. Auch die Kollegen und Kolleginnen sind angespannt, haben neben dem Arbeitstag nun auch noch die Herausforderungen bei der Klärung von Kinderbetreuung oder der Beschaffung von eigenen Einkäufen. Wir versuchen aktuell uns gegenseitig positiv zu aktivieren. Zudem bieten wir den Bewohner/innen täglich Beschäftigungsangebote zu machen, Stabilisierungsübungen zu vermitteln oder auch entlastende Kinderbetreuung zu leisten. Ich freue mich über jeden Impuls, der dabei hilft den Menschen in der Einrichtung Stärke und Zuversicht zu spenden und selber meine innere Ruhe zu bewahren!»
Nicole
Einrichtungsleitung, stationäre Jugendhilfe
Kühlen Kopf bewahren hilft beim Zusammenhalt
Wie schafft man es, in einer nie dagewesenen Krise, die richtigen Entscheidungen zu treffen?
Wichtig ist, einen klaren Kopf zu bekommen. Kurz innehalten, aus der Situation herausgehen und abwägen, wie der IST-Zustand und wo der SOLL-Zustand ist. Am besten schriftlich notieren. Während wir aufschreiben, entwickelt unser Kopf aus der Schrift Bilder. Wenn ein Bild in unserem Kopf entsteht, kennen wir automatisch den Lösungsweg und das große Ganze. «Was sich zeichnen lässt, lässt sich auch umsetzen.», rate ich bei komplexen Aufgaben. Dasselbe gilt auch für alles Aufgeschriebene. Am besten mit der Hand schreiben, dann funktioniert der Prozess besser und schneller. All das hilft auch beim Team-Zusammenhalt.
Momentan ist es aus bekannten Gründen echt crazy. Meine personellen Ressourcen sind knapp. Egal, ob mit oder ohne Corona. Trotzdem verlieren wir nicht das wichtigste aus den Augen – unsere Bewohner und Familien!«
Jasmin
Pflegedienstleitung in einem Seniorenheim
«Ich denke, das ist eine große Herausforderung in einem leitenden Posten, bei dem ganzen Trubel im Leben die Mitarbeiter nicht zu „vergessen“. Ansonsten ist ja gerade das Tolle an so einem sozialen Beruf – der Kontakt zu den Menschen. Die Dankbarkeit die man bekommt.»
Sara
Rundumservice für Senioren
Positive Einstellung fördern
Alles hat zwei Seiten. Und auch Krisenzeiten haben viele Chancen und Glücksmomente in sich.
Besonders die Natur hat unsagbar viel Kraft für uns zu bieten. Es gibt Momente, da genießen wir diese verordnete Stille. Der Himmel ist so blau, kein einziges Flugzeug. Die Natur hat solche Kraft und zeigt uns, wie Wachstum geht und wie viel Farbe im Winter gesteckt haben muss.
Wir haben plötzlich ganz viele Momentaufnahmen, die wir total genießen. Weil wir nicht wissen, wann wir sie wieder haben. Wir nehmen die Natur ganz anders wahr. Wir nehmen unser Leben ganz anders wahr. Wir nehmen unsere Mitmenschen neu wahr. Plötzlich ist jede Kleinigkeit ein Geschenk und der Zusammenhalt wächst.
Für positive Einstellung können wir uns entscheiden und konkret danach suchen!
«Wir passen die Dienstpläne beispielsweise an die persönlichen Bedarfe an. Eine Kollegin mit Kindern hat nun zwei Tage in der Woche frei, da dort eine Betreuungslücke nicht zu schließen war. Alle KollegInnen haben zusätzliches Budget für kreative Angebote mit den Bewohnern/innen bekommen. Bunte Resultate dieser Aktionen hängen an Fenstern und Gemeinschaftsräumen. Umschichtig bringen wir mal kleine Aufmerksamkeiten mit (der Renner war bisher Smiley-Toilettenpapier!).
Zudem gibt es zusätzliche Zeitfenster zum Austausch, da bei einigen die KollegInnen aufgrund der sozialen Einschränkungen an manchen Tagen der einzige Gesprächspartner ist.»
Nicole
Einrichtungsleitung, stationäre Jugendhilfe
Wertschätzung
Wertschätzung bezeichnet die positive Bewertung eines anderen Menschen. Sie gründet auf einer inneren allgemeinen Haltung anderen gegenüber. Wertschätzung betrifft einen Menschen als Ganzes, sein Wesen. Sie ist eher unabhängig von Taten oder Leistung, auch wenn solche die subjektive Einschätzung über eine Person und damit die Wertschätzung beeinflussen.
Wertschätzung ist verbunden mit Respekt, Wohlwollen und drückt sich aus in Zugewandtheit, Interesse, Aufmerksamkeit und Freundlichkeit.
Es gibt eine Korrelation zwischen Wertschätzung und Selbstwert: Menschen mit hohem Selbstwert haben öfter eine wertschätzende Haltung anderen gegenüber, werden öfter von anderen wertgeschätzt, wohingegen Personen die zum aktiven Mobbing neigen, häufig ein eher geringes Selbstvertrauen damit kompensieren.
«Ich habe eine ältere Patientin, die ich regelmäßig in den Hausbesuchen sehe. Sie sagt immer mein Engelchen kommt mich wieder besuchen . Das bedeutet mir echt viel, ihr nur durch meinen Besuch ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern.»
Alexandra
Krankenschwester
«Was wir uns wünschen? Aufmerksamkeit. Wenn man sich auch für Sachen hinter der Arbeit interessiert. Und Probleme, die in der Arbeit entstehen, ernst genommen werden. Wenn wir in Entscheidungen mit einbezogen werden. Und nicht alles einfach über unseren Kopf hinweg geschieht.»
Sara
Rundumservice für Senioren
Miteinander & Mitgefühl
Die vier verschiedenen Charakteure
Es gibt verschiedene Charaktere unter uns Menschen. Besonders in Krisenzeiten erkennen wir uns selbst und andere am besten. Das kann uns helfen, für einander Mitgefühl aufzubauen und das Miteinander und somit den Zusammenhalt zu stärken.
Typ 1: Er sammelt alle Informationen und packt sie in eine Liste. Jegliche Buchhaltung, Fehlersuche und Informationsbeschaffung sind bei ihm richtig. Er zieht sich für diese Aufgaben lieber zurück und braucht dabei Ruhe.
Typ 2: Er trifft schnell Entscheidungen. Er sieht das große Ganze. Dabei kann er auch mal lauter werden, man möge es ihm nachsehen. Er weiß, was er tut und sorgt für das Weiterbestehen des Teams. Was er nicht kann: Sich mit Kleinigkeiten auseinandersetzen.
Typ 3: Dieser Mensch kommuniziert gern und bringt Freude und Optimismus mit. Er ist perfekt, um die Stimmung zu heben und neue Ideen einzubringen, wie die positive Stimmung gefördert werden kann. Was er nicht kann: An Dingen lange dranbleiben. Er muss raus und menschen mit Fröhlichkeit anstecken.
Typ 4: Er liebt Harmonie. Er sorgt für Umarmungen, Schokolade und immer eine Portion Herzenswärme. Was er nicht gut kann: Schnelle Entscheidungen treffen. Dafür kann er sich umso besser für das leibliche und liebevolle Wohl seiner Mitmenschen kümmern.
«Eine Kollegin brachte für unsere zwei Büros heute Blumen mit. Ihr Wunsch, dass diese uns den Tag mit einem Lächeln beginnen lassen, wurde erfüllt.»
Nicole
Einrichtungsleitung, stationäre Jugendhilfe
Am Donnerstag, 2. April 2020 führte ich zum Thema «Team-Zusammenhalt in Kriesenzeiten» bei PNI Aktuell ein Online Event durch. Die Aufzeichnung steht in unserem PNI-Netzwerk kostenlos zur Verfügung. Melden Sie sich jetzt in der Community an.