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Es gab einmal eine Zeit, in der war es selbstverständlich selbst zu kochen. Der Mann arbeitete außer Haus, die Frau versorgte mütterlich die Familie. Sie war in erster Linie für die Kindererziehung, den Haushalt, das Wohl ihres Mannes und natürlich auch das leibliche Wohl der ganzen Familie zuständig. Damals gab es keine Fertiggerichte, alles musste frisch zubereitet werden.

Das Wissen hierzu hatte sie von der eigenen Mutter übernommen, und es gab Hauswirtschaftsschulen, in denen die jungen Frauen alles lernten, was zur Führung einer Familie notwendig war – auch kochen.

Eines Tages sinnierte die findige Industrie, dass es doch möglich sein muss, gerade den geplagten Hausfrauen die Arbeit zu erleichtern.

Mit dem Brühwürfel fing es an

Angefangen hat das mit einfachen Hilfen: Dem Brühwürfel, der Fertigsauce, Packungen, in denen nicht nur die Spaghetti, sondern auch die Tomatensauce und der Käse enthalten waren. Schließlich gab es alle möglichen vorgekochten Speisen in Dosen: Königsberger Klopse, Rouladen, Jägerklößchen und natürlich die bei Kindern so beliebten Ravioli und Spaghetti in Tomaten- oder Hackfleischsauce.

Teigwaren in der Pfanne serviert
Von der Dose in die Pfanne. ©unsplash

Jedem war klar, dass in z.B. der Kohlroulade oder den Erbsen aus der Dose kaum Vitamine übrig geblieben waren. Nur Ballast- und Mineralstoffe konnte man erwarten. Da hieß es: immer einen Salat und frisches Obst dazu. Inzwischen kann man fast alles vorgefertigt kaufen, bis hin zu eingelegtem Fleisch in der Aluschale. Diese dient auch der Zubereitung auf dem Grill. Inklusiv der gelösten Aluminiumpartikel.

Die gestandene Hausfrau mied Fertiggerichte

Die geschulte Hausfrau machte einen weiten Bogen um diese Fertiggerichte und kaufte ihre Zutaten frisch auf dem Markt oder beim Kolonialwarenhändler um die Ecke. Er war ein Garant für erstklassige, frische Ware. Er bürgte mit seinem Namen für die Qualität.

Gemüseabteil im Supermarkt
Frisches Obst und Gemüse aus der Region. Die ideale Basis für gesundes Essen. ©Stefan Weller

Doch die Industrie ließ nicht locker. Immer neue Produkte kamen auf den Markt. Schließlich setzte sich langsam aber stetig die Einstellung durch: «Warum soll ich selbst Kochen, wenn ich das Gleiche zu einem günstigen Preis fertig kaufen kann? Hauptsache es schmeckt!» Und es schmeckte. Die Industrie kannte die Tricks, wie sie Kunden an sich binden konnte. Hinzu kam, dass die Damen, die ihr Handwerk verstanden und die eher einen Handkrampf bekommen hätten, als eine Fertignahrungsdose zu öffnen, immer älter wurden, die Kinder aus dem Haus waren und sich die Gesellschaft wandelte. Auch Frauen gingen einem Beruf nach.

Vorbei war die Zeit, in der sie hierfür den Mann um Erlaubnis fragen mussten. In der nun zur Verfügung stehenden Zeit wollten sie auch nicht immer selbst kochen und aufwendig einkaufen. Das selbst Gekochte gab es fast nur noch bei Oma. Zu Weihnachten, zu Ostern, am Muttertag und an ihrem Geburtstag. Dann eben, wenn die Familie wieder einmal bei ihr vorbei schaute. Das schmeckte dann wirklich wie bei Muttern. Aber genau diesen Spruch machte sich die Industrie zu eigen und warb mit Fertiggerichten «aus Omas Küche»,  «wie bei Muttern» oder «wie selbst gemacht». Das kam an. Den Geschmack friemelten die Profis so hin, dass ihn ein Großteil der Bevölkerung mit «gut» bewertete. Ziel erreicht.

Die DDR kannte kaum Fertiggerichte

Anders in der ehemaligen DDR. Hier war es selbstverständlich, dass auch Frauen einen Beruf ausübten. Da es kaum Fertiggerichte gab, lernten die Frauen kochen und die schmackhafte Zubereitung, auch wenn es mal nicht alle Zutaten zu kaufen gab. Sie waren Meisterinnen der Improvisation und verstanden ihr Handwerk.

Dann kam die Wende und die Produkte aus dem hochgelobten Westen waren schon per Definition toll. So wurden die Fähigkeiten des Kochens an den Nagel gehängt und die zeitsparenden Fertigprodukte bevorzugt.

Inhaltsstoffe in Fertiggerichte
Nach der Wende wurde der Osten mit Fertigprodukten überschwemmt. Die Inhaltsstoffe sprechen eine eigene Sprache. ©Stefan Weller

In dieser Hinsicht hatten Ost und West wenige Jahre nach der Wende gleich aufgeschlossen.

Die Werbung verspricht nur Allerbestes

In der Werbung sind Fertigprodukte ein Segen: Sie sparen Zeit und bieten alles, was das Herz begehrt und der Körper braucht. Argumente der Großmutter wie: «Da kann doch gar nichts Gescheites drinnen sein, das ist doch nicht frisch zubereitet», wurden von werbungsgeprägten Kindern mit einem süffisanten Lächeln abgetan: «Oma, davon verstehst Du nichts. Das sind Profis, die wissen genau, wie sie das machen, damit es gesund ist. Die haben doch ganz andere Möglichkeiten als Du mit Deiner einfachen Küche. Da laufen Maschinen, da würdest Du staunen.» Dann war Oma still. Sie verstand nicht, dass all das, was sie einmal gelernt hatte, plötzlich nicht mehr gelten sollte.

Kind isst Spaghetti
Kinder lieben Spaghetti – eine Freude für die Industrie. ©pixabay

Je billiger, desto besser

Aber auch die Industrie lernte schnell. Sie stellte fest, dass ein Produkt nicht nur schmecken sollte, es musste auch billig sein. Nicht unbedingt preiswert. Denn dem Verbraucher wurden mit Werbesprüchen wie «Geiz ist geil» oder «Ich bin doch nicht blöd» eingeredet, dass ein Produkt je billiger, desto besser für ihn sei. Die Gesundheit, die Oma bemängelte, wurde in die saft- und kraftlosen Speisen als Zugabe hineingegeben: Künstliche Vitamine. Die konnte man auf die Verpackung schreiben und alles war gut. Und wenn es mal mit dem Geschmack nicht so ganz passte, dann waren Aromen zur Stelle, die dem Gericht so viel Geschmack einhauchten, dass es fast intensiver schmeckte, als die Originalzutaten.

Aroma von der Zitrone
In vielen Getränken sind Aromen und Zucker enthalten. Dabei wäre es so einfach: Eine Zitrone in ein Glas Wasser ausdrücken. ©Stefan Weller

Diese Aromen waren und sind künstlich oder natürlich. Allerdings würde die Weltproduktion an Obst nicht ausreichen, um den Bedarf der Industrie zu decken. Folglich kann bei der Kennzeichnung auf dem Produkt unterschieden werden: «Aroma» ist immer künstlich hergestellt, also reine Chemie. Leider auch in Tees enthalten, die in Teeläden in den kleinen bunten Tüten angeboten werden.

«Natürliche Aromen» werden z.B. durch Schimmelpilze auf Holz gezüchtet. Da Holz und Schimmel in der Natur vorkommen, kann es sich «natürlich» nennen. Steht «natürliches Erdbeeraroma» auf der Packung, so muss es tatsächlich von Erdbeeren stammen. Doch die chemischen Schritte, die dieses Aroma durchmacht, müssen nicht angegeben werden.

Zucker, Fett, Salz und Aroma – für fast alles gut

So zeigte sich schnell, dass man für Schmackhaftes immer die gleichen Grundzutaten verwenden konnte: Zucker, Fett, Salz und Aromen. Hinzu noch eine Füllmasse, ein paar künstliche Vitamine, das macht sich gut auf der Verpackung, etwas Farbstoff und fertig ist die Speise. Beim Müsliriegel vielleicht noch ein paar Körner, ein wenig Schokolade und das ist dann der Snack für zwischendurch.

Der Appetit hat einen Sinn

Manchmal sollte man sich erinnern, wozu die Natur uns den Appetit gegeben hat. Er signalisiert uns, aufgrund vieltausendjähriger Erfahrung, welche Nährstoffe unser Körper benötigt. Das gilt auch heute noch. Hat beispielsweise eine Schwangere Appetit auf Erdbeeren, dann benötigt sie eben die Inhaltsstoffe dieser Frucht. Hat sie diese nicht zur Hand und begnügt sich mit einem Erdbeerjoghurt  aus dem Supermarkt, dann hat sie das Gefühl Erdbeeren zu essen. Da aber diese nicht im Joghurt vorhanden sind, weil die «Erdbeeren» nur umgefruchtete* Cranberries  sind und nur Aromen Erdbeeren vorgaukeln, fühlt sich der Körper an der Nase herumgeführt und reagiert mit Heißhunger auf alles, was die Dame nur bekommen kann, um die benötigten Nährstoffe doch noch zu erhalten.

Kleinkind tinkt aus der Milchflasche
Nicht immer ist das Babyfläschchen mit babygerechter Nahrung gefüllt. ©pixabay

Die Vorliebe auf Süßes diente einfach dazu, das reife Obst von unreifem zu unterscheiden. Heute wird diese Gabe gnadenlos von der Industrie ausgenutzt. Fertiggerichte gleichen heute oft einem Chemiebaukasten mit viel zu viel Zucker und Salz.

Babys, die Kunden von morgen

Doch auch vor Babys macht die Industrie nicht halt: Bereits bei der Babynahrung wird versucht die frühkindliche Geschmacksprägung so zu beeinflussen, dass dem Kind die Industrienahrung besonders gut schmeckt. War es unseren Großeltern ein höchster Genuss, eine reife Walderdbeere zu verzehren, so kann es heute passieren, dass Kinder diese als zu sauer ausspucken. Zu sehr sind sie den mit Aromen und Zucker überzogenen Geschmack gewöhnt.

Zutaten in der Kindernahrung
Manche Hersteller warnen vor dem eigenen Produkt. ©Stefan Weller

Wenn man bedenkt, dass in einem Becher mit 150 Gramm Fruchtjoghurt etwa 6 Würfelzucker enthalten sind, dann unterscheidet sich das, was eine Hausfrau unter einem Fruchtjoghurt versteht erheblich. Diese würde die Erdbeeren mit reinem Joghurt zusammenmengen und wahrscheinlich gar keinen Zucker verwenden.

Erdbeeren mit Sahne
Ausschließlich Joghurt mit der Frucht wären ideal. ©Stefan Weller

Eine Hausfrau benötigt keine Aromen, kein färbendes Karottenkonzentrat, keine modifizierte Stärke und auch keinen Glukose-Fruktose-Sirup.

Fertiggerichte könnten so gut sein

Würde die Industrie lediglich die zubereiteten Speisen in einem Fertiggericht vereinen, so könnte das noch vertretbar sein. Das wird in der relativ hochpreisigen Tiefkühlkost von einigen Herstellern praktiziert. Leider werden von vielen Anbietern zu viele Tricks angewendet, die das Produkt billig und haltbar machen.

So wird Seefisch sofort nach dem Fang eingefroren. Dann oft wieder aufgetaut, um ihn mit Chemie zu impfen. Das macht ihn schwerer und schließlich landet er in unseren erneut eingefrorenen Fischstäbchen. Viele E-Nummern und Konservierungsstoffe kommen zum Einsatz. Werden diese bereits den Früchten z.B. in China zugesetzt und dann von einem weiteren Verarbeitungsbetrieb in Deutschland z.B. zu Marmelade verarbeitet, muss dieser die chemischen Zutaten nicht angeben.Auf dem Glas steht: In Deutschland hergestellt.

«Nichtzutaten» sind zur Produktion notwendige Stoffe, die mit dem Produkt nichts zu tun haben, sehr wohl aber in der Speise enthalten sein können, wie z.B. Trennmittel bei Chips, damit sie nicht an der Pressform festkleben, Kaltentkeimer bei Plastikflaschen, um diese nicht erhitzen zu müssen, etc. Sie müssen nicht deklariert werden. Gern wird Guarkernmehl eingesetzt, mit dem sich verschiedene Produkte billig strecken lassen. Es gibt genügend Schlupflöcher, die von der Industrie gnadenlos ausgenutzt werden. Oder warum hat einst ein Margarinefabrikant seiner Familie verboten Margarine zu essen?

Der Kaugummi ist schon lang nicht mehr das, was er einmal war

Selbst der einfache Kaugummi besteht schon lange nicht mehr aus Naturkautschuk. Es ist Plastik mit all den Weichmachern, die wir voll Genuss in uns hinein kauen. Genauer: Polyvinylacetat (PVAC oder PVA), das auch als Bindemittel in Lacken, Klebstoff und Textilimprägnierungen verwendet wird, ist heute die Grundlage der Kaugummis. So erhalten wir auch über den Kaugummi unsere tägliche Portion nicht menschgerechter Ernährung.

Ein Kind ist Speiseeis
Das Eis schmeckt den Kindern. Leider stellen die wenigsten Eissalons ihr Eis noch selbst her. ©Stefan Weller

Auch die Erfrischung «Eis» ist schon lang nicht mehr das, was wir unter Eis verstehen.Waren es einmal Milch und Früchte, so steckt heute ein wahrer Chemiecocktail, in der kühlen Köstlichkeit.

Inhaltsstoffe Speiseeis
Das Kleingedruckte verrät, welche „Extras“ im Eis versteckt sind. Plus vergleichsweise 7 Würfelzucker pro 100 Gramm. ©Stefan Weller

Ein Ernährungsexperte und Arzt sagte einmal: «Die jungen Mütter, die ihrer Familie, besonders den Kindern, Fertignahrung anbieten, müsste man wegen fahrlässiger, die Industrie wegen vorsätzlicher Körperverletzung zur Verantwortung ziehen.»

Auch vor Restaurants machen Fertiggerichte nicht halt

Selbst in Restaurants, bei denen wir davon ausgehen, dass frisch gekocht wird, werden Lehrlinge oft nur darin ausgebildet, wie man Fertiggerichte dekorativ anrichtet. Frank Brandes, Berufsschullehrer in Bad Doberan, beklagt: «Der Beruf des Kochs, der mit Speisen und natürlichen Zutaten noch umgehen kann, stirbt bei dieser Ausbildung mittelfristig aus. Das was sie in der Berufsschule lernen, können die Azubis in den Restaurants nicht anwenden.»

Es gibt Sauce Hollandaise, Rührei oder Kaiserschmarrn aus dem Tetrapack, Fertigrösties, Bratkartoffeln im Hausfrauenschnitt, bereits fix und fertig gewürzt und mit Fett versehen. Tüte auf, ab in die Pfanne – fertig. Saucen sowieso. Diese Fertigprodukte kann man 3 Tage aufheben, muss nicht mit rohen Eiern hantieren und kann es hygienisch auch mal etwas schleifen lassen, ohne dass die Speisen das einem Koch krumm nehmen.

Schnitzel mit Pommes
Was ist hier Industrienahrung? Was hat der Koch frisch zubereitet? Was kommt von Zulieferbetrieben? ©Stefan Weller

Geschätzt setzen etwa 80% der Restaurants diese Convenience-Produkte ein. Ob Tüten, Dosen, Tetrapack oder Tiefkühlspiegeleier, keiner weiß so genau, was er aufgetischt bekommt. Die Lebensmittelinformationsverordnung sieht eine Deklaration im Restaurant für den Gast nicht vor.

Wird die Industrie aufwachen?

Langsam scheinen einige in der Industrie zu erkennen, dass Zusatzstoffe bei der Bevölkerung immer mehr Missfallen hervorrufen. So hat die Firma Frosta alle künstlichen Zusätze aus den Tiefkühlprodukten eliminiert. Das kommt gut an und hat bereits Nachahmer gefunden. Aluminiumschalen wurden durch Pappschalen ersetzt. Diese können zwar nicht auf den Grill, aber, im Gegensatz zu Alu, in die Mikrowelle.

Grillwürstchen in der Aluschale
Aluschalen sind noch immer beliebt, obwohl sie im Verdacht stehen Alzheimer zu fördern. ©Stefan Weller

Selbst Anfänger können kochen

Noch einen Schritt weiter ist die Firma Vorwerk gegangen. Mit dem Thermomix kann jeder, der vom Kochen überhaupt keine Ahnung hat, schmackhafte Gerichte zubereiten. Die Maschine bietet alle Informationen. Vom Einkaufen, über das Rezept bis zum fertigen Mahl. Wer lesen kann, kann auch kochen.

Thermomix auf dem Tisch
Der Tausendsassa unter den Küchenmaschinen. Auch Kochlaien zaubern tolle Gerichte auf den Tisch. ©Stefan Weller

Zwar ist der Thermomix nicht billig, aber man kann sicher sein, dass es auch in 10 Jahren noch Ersatzteile gibt und die Maschine mindestens so lang hält. Das sind gerade einmal 40 Cent pro Tag. Und rechnet man alle Fertiggerichte zusammen, dann hat man sich eine Riesenmenge an
E-Nummern, Chemie und Krankmachern erspart.

Frische Erdbeeren in der Hand
Ideal wären frisch geerntete Früchte mit kurzen Wegen vom Strauch zum Mund – ohne Umfruchten*, ohne Chemie. ©Stefan Weller

Fertignahrung wäre vom Ansatz gar nicht so schlimm. Schlimm ist nur, dass die Industrie diese fertigen Gerichte so stark mit Zusatzstoffen versieht, dass diese oft mit den ursprünglichen und natürlichen Früchten oder dem Gemüse nicht mehr viel zu tun haben.

Eine Zuckerpampe mit Vitaminen versehen ist immer noch eine ungesunde Zuckerpampe. Der Vitaminaufdruck auf der Verpackung verleitet leider viele Mütter ihren Kleinen eben doch diese Bonbons zu kaufen. Die Vitamine beruhigen das Gewissen. Dabei machen sie überhaupt keinen Sinn. Nur Vitamine aus Obst und Gemüse kommen im Körper dahin, wo sie hingehören. Die künstliche Variante erkennt unser Körper meist nur als Fremdkörper.

Smoothies – der Druck machts

Der neuste Trend folgt dem Boom «Smoothie». Leider lassen sich industriell hergestellte Smoothies nur kurz gekühlt aufbewahren. Eben genau so wie frisch gepresster Saft, der nach wenigen Stunden anfängt zu gären.

Smooties auf dem Tisch
Voll im Trend: Smoothies. Die Haltbarkeit ist für die Industrie eine Herausforderung. Doch erste Lösungen sind in Sicht. pixabay

Normalerweise wird dieser pasteurisiert, also auf etwa 70°C erhitzt und dadurch haltbar gemacht. Das kommt aber nicht so gut an, da hier Vitamine und Geschmack auf der Strecke bleiben. Die neue Methode heißt HPP – High Pressure Process. Der Saft wird in Plastikflaschen abgefüllt (Glas würde zerbersten und ist nicht flexibel genug) und dem extremen Druck von 6000 bar ausgesetzt. Zum Vergleich: Der tiefste Punkt im Ozean, der Marianengraben bei 11.000 Metern Tiefe, hat gerade einmal 1070 bar, in unseren Autoreifen drücken 3 bar.

Smoothie in Flasche
Die Haltbarmachung mit Druck funktioniert ausschließlich mit Plastikflaschen. ©Stefan Weller

Dieser extreme Druck vernichtet Schimmelpilze, Keime und Bakterien, nicht aber Vitamine. Damit ist das Produkt, ohne es erhitzen zu müssen, 30 Tage haltbar. Noch nicht ganz durchgesetzt hat sich dieses Verfahren, da sich im Kaufregal Fruchtfleisch vom Saft absetzt. Schütteln behebt diesen Schönheitsfehler, aber es sieht eben auf den ersten Blick nicht so gut aus. Welche Weichmacher allerdings von der Plastikflasche bei diesem riesigen Druck den Weg in den Saft finden, ist noch ungeklärt.

Das neueste Verfahren ist PEF (Pulsed Electric Fields). Dabei wird das Obst bzw. der Saft mit elektrischen Impulsen von 8.000 Volt behandelt. Die Zellmembranen von Keimen und Bakterien werden geöffnet, diese sterben ab und die Fruchtzellen geben etwa 7% mehr Saft ab. Aromen und Vitamine bleiben erhalten. Um die Ausbeute zu erhöhen wird diese Methode auch bei z.B. Kartoffeln eingesetzt. Mit dem Vorteil, dass die Pommes frites flexibler werden, kaum Bruch entsteht, sie weniger Acrylamid enthalten und nicht so viel Fett aufnehmen.

Dennoch sind selbst hergestellte Smoothies immer noch die beste Wahl. Hier kennt man die Zutaten. Allerdings sollten sie nicht mehr Früchte enthalten, als man sie auch roh essen würde. Sonst entpuppt sich der Smoothie schnell als Kalorien- und Zuckerbombe. Ergänzt mit Gemüse und Wasser, statt Fruchtsaft, entgeht man dem Dickmacher Smoothie.

Oder man folgt dem Trend «Soupie». Bei diesem Smoothie als Suppe vom Teller gelöffelt, eventuell mit Obst oder Gemüsestücken ergänzt, stellt sich das Sättigungsgefühl deutlich früher ein, als bei einem wie Wasser herunter getrunkenem Smoothie und die Menge ist leichter überschaubar.

Die Qual der Wahl

Man kann es drehen und wenden, wie man will: Fertignahrung ist immer ein Kompromiss. Wenn man einmal ein Fertigprodukt isst, dann wird man daran nicht zugrunde gehen. Schließlich kommt es auch darauf an, welches Fertigprodukt man verzehrt.

Frosta-Packung
Es gibt Tiefkühlgemüse ohne Zusatzstoffe. Ein Blick auf die Zusammensetzung verschafft Klarheit. ©Stefan Weller

Das Tiefkühlgemüse wird bestimmt nicht schaden, wenn die Zutatenliste nicht mit chemischen Zusätzen gefüllt ist. Es kann sogar besser sein, als frisch gekauftes, dass nicht sofort verarbeitet wird. Doch dauerhafte Ernährung mit Fertigprodukten, die eine Menge Chemie enthalten, beinhalten ein erhebliches Risiko durch ungeeignete Zusätze dem Körper Schaden zuzuführen.
Vorsicht ist auch angesagt, wenn das Wort «Typ» vor der Bezeichnung steht. Z.B. «Typ Erdbeerjoghurt» oder «Typ Eierlikör» beim Rührkuchen. In diesen Produkten ist überhaupt keine Erdbeere oder kein Eierlikör enthalten. Alles wird über Aromen und Chemie bestimmt. Leider ist das Wort «Typ» sehr klein, manchmal senkrecht oder verschwommen aufgedruckt.
Wenn Fertiggerichte, dann möglichst Bio. In ihnen sind nur 45 von 320 Zusatzstoffen erlaubt. Man kann die Fertiggerichte aufpeppen, indem man z.B. kurz vor Ablauf der Backzeit auf die Fertigpizza Paprikastreifen, Tomaten und weiteres Gemüse legt.

Was bringt die Zukunft?

Die Zukunft wird uns noch mehr Industrienahrung bescheren. Ob es Instant Hackfleisch ist, das mit Wasser wiederbelebt wird, Astronauteneis, das bei Wärme nicht schmilzt, neue Kompositionen aus heute noch unüblichen Quellen, wie Insekten, neuen chemische Zutaten, von denen noch nicht nachgewiesen ist, ob sie der Gesundheit schaden, oder Pflanzen, die in Nährlösungen, ganz ohne Erde wachsen und denen gleich die Aromen durch die Lösung zugeführt werden.

So wird es Erdbeeren geben, die erdbeeriger schmecken, als alles was wir bisher je von Erdbeeren erleben konnten. Hinzu kommen gesetzliche Regelungen, die von Freihandelsabkommen beeinflusst sein können und Dinge zulassen, von denen wir heute noch keine Vorstellung haben. Das können radioaktiv bestrahlte Lebensmittel sein und andere Verfahren, die heute in der EU noch nicht zugelassen sind.

Gemüsebauer im Feld
Frisch vom Feld auf den Tisch. Ohne Industrietricks, ohne Zusätze, ohne lange Transportwege. ©Stefan Weller

Was soll man nun essen?

Die alte Regel «Iss, was gerade in der Gegend reif ist, vermeide lange Transportwege und Lagerzeiten», hat ihre Gültigkeit nicht verloren. Weniger Fleisch, und wenn Fleisch, dann gutes Fleisch und nicht gerade das aus der Massentierhaltung. So, wie es eben bei Oma war: Da waren alle Fleischsorten Bio, es gab den Sonntagsbraten und die restliche Woche mehr- oder weniger vegetarische Kost.

Kind mit Orange
Die Apfelsine in die Verkleidung einbeziehen und schon schmeckt sie doppelt so gut. ©Erika Reitenspies

Nun liegt es an jedem selbst, ein wenig darauf zu achten, was gegessen wird. Man muss nicht gleich zum 3 Sternekoch mutieren, um sich vernünftig ernähren zu können. Allerdings kann es nicht schaden, das Kleingedruckte auf den Verpackungen zu lesen. Sind hier viele E-Nummern aufgeführt, unverhältnismäßig viel Salz und Zucker enthalten und Aromen erwähnt, ist diese Speise wohl nicht die erste Wahl.

Vorsichtig sollte man auch sein, wenn in Restaurants oder Eissalons mit «selbstgemacht» geworben wird. Meistens werden die von der Industrie zur Verfügung gestellten Zutaten zusammengemixt und als selbstgemacht verkauft. Da sollte man schon genau nachfragen. Wirklich selbstgemachtes Eis hat nicht die knalligen Farben des Industrieproduktes.

Handelt es sich um eine Speise, die man auch selbst kochen kann, es aber an der fehlenden Zeit liegt, so bietet sich an, die Speisen auf Vorrat zu kochen. Diese kann man portionsweise einfrieren oder, wie zu Omas Zeiten, einwecken.

Das gute alte Einmachglas

Einmachgläser kann man auch heute in unterschiedlichen Größen erwerben oder man verwendet ein Schraubdeckelglas, sogenannte «Twist Off Gläser», bei dem der Deckel einen «Knackpunkt» hat, man also weiß, ob das Glas noch dicht ist. Bei der einfachen Heißabfüllung das Gekochte in ein Glas abfüllen, abkühlen lassen, z.B. in Eiswasser und ab in den Kühlschrank. Das hält dann ca. 5 Tage.

Einmachgläser
Einmachgläser wie zu Omas Zeiten ©unsplash

Beim Einkochen wird das Gut ebenfalls abgefüllt und im Glas in heißem Wasser erhitzt. Hierbei sollte man zu eiweißreiche Kost nicht einkochen, da Eiweiß Sporen enthalten kann und diese trotz hoher Temperatur noch keimen könnten. Ansonsten kann Eingewecktes über Jahre halten. Optimal: Lagertemperatur 15°C und wenig oder kein Licht. Gemüse, Tomatensaucen etc. sind ideal geeignet. Eben alles, was bei der Zubereitung erhitzt werden muss.

Wer allerdings wirklich eine nahezu ideale Ernährung anstrebt, sollte sich über basische Ernährung Gedanken machen. Dazu gibt es von Imke Kleinert sogar Onlinekurse. Natürlich kann man auch das Buch „Basisch Fit für Einsteiger“ von ihr erwerben. Dann allerdings sollte man es nicht nur besitzen sondern fleißig benutzen.

Ihr Stefan Weller

*Umfruchten nennt man die Aromatisierung einer Frucht in einen anderen Geschmack. So können z.B. billige Früchte, wie Äpfel, Rosinen oder Cranberries mit Aromen zu anderen Früchten, z.B. «Erdbeeren» mutieren.

4 Kommentare

  1. Wahre und klare Worte, weniger ist oft mehr. Regionale und saisonale Produkte sollten wieder viel öfter unseren Speiseplan bereichern damit auch unsere Kinder wieder lernen wie gut und aromatisch unsere heimischen „Superfoods“ schmecken können. Vielen Dank

  2. Hallo Heike,
    genau das trifft den Punkt: Die frühkindliche Geschmacksprägung sollte von der Natur und nicht der Industrie geprägt werden. Die Eltern sind gefordert.
    Herzlichen Dank!

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