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Es gab eine Zeit, da war Zucker nur den äusserst vermögenden Kreisen vorbehalten. Nur wenige schafften es, dem beliebten süssen Stoff habhaft zu werden. Im Gegensatz dazu, ist es heute eine nicht unerhebliche Herausforderung, in unserem täglichen Leben dem Zucker zu entgehen. Deutsche konsumieren pro Jahr rund 35 kg, Schweizer sogar über 50 kg. Dies entspricht rund der vier-, beziehungsweise fünfeinhalbfachen Zuckermenge die das WHO empfiehlt. Da der Süssstoff im Übermass als ungesund gilt, lohnt es sich in jedem Fall, etwas näher hinzuschauen.
Was verbirgt sich den eigentlich hinter den süssen Kristallen? Woraus wird es hergestellt? Gibt es Unterschiede in der Zusammensetzung und im Geschmack? Diese Fragen möchte ich in diesem Artikel nachgehen und Ihnen aufzeigen, was es mit dem süssen Verführer so auf sich hat.
Woraus wird Zucker hergestellt?
Wenn Sie die Menschen fragen, werden die einen Ihnen sagen, «aus Zuckerrohr». Von den anderen hören Sie wiederum «aus Zuckerrüben» und die Indonesier antworten vermutlich «aus Zuckerpalmen». Was stimmt nun? Die Antwort lautet sowohl als auch. Der als Haushaltszucker oder Kristallzucker bekannte Zucker besteht hauptsächlich aus Saccharose und kann aus verschiedenen, zuckerhaltigen Pflanzen gewonnen werden. Der Zuckergehalt variiert jedoch je nach Pflanze erheblich. In wirtschaftlich nutzbaren Mengen kommt Saccharose vor allem in den Zuckerrüben, Zuckerrohr und Zuckerpalme vor.
Wenn wir den mehrheitlich bei uns verkauften Kristallzucker betrachten, wird dieser vor allem aus der Zuckerrübe hergestellt, die in den gemässigten Breiten vorkommt. Am Anfang, als Zucker noch ein Luxusgut der Reichen auftrat, war Rübenzucker noch nicht bekannt. Der Zucker wurde damals aus Zuckerrohr hergestellt. Die Zuckerrohrpflanze kann nur in subtropischen und tropischen Klima gedeihen und wurde aus diesen Gebieten importiert.
Der eine oder andere wird sich nun fragen, ob zwischen den beiden ein Unterschied besteht. Die Antwort beim gereinigten, weissen Haushaltszucker in kristalliner Form lautet: nein. Der Kristallzucker ist chemisch gesehen sehr rein und besteht zu fast 100% aus Saccharose, auch Sucrose genannt.
Wie wird Zucker aus Zuckerrüben gewonnen?
Die Zuckerrüben werden zu Rübenschnitzel verkleinert. Mit heissem Wasser wird aus ihnen ein Rohsaft gewonnen, der bereits 15 Prozent Zucker enthält. Aus diesem noch verunreinigten Saft werden die Fremdsubstanzen herausgefiltert und es entsteht ein hellgelber Dünnsaft. Die bei der Produktion anfallenden «Abfallstoffe» werden als Düngekalk und die getrockneten Rübenschnitzel als Viehfutter weiterverwendet.
Der entstandene hellgelbe Dünnsaft wird nun bei starkem Unterdruck und tiefer Temperatur mit Dampf weiter konzentriert, bis ein Dicksaft entsteht. Dieser hat bereits 70 Prozent Zuckeranteil. Nun wird der Dicksaft durch Kochen solange Wasser entzogen bis die gewünschte Zuckerkonzentration erreicht ist. Durch Zuführen feinster Zuckerkristalle beginnt die Kristallisation des Dicksaftes unter weiterem Wasserentzug. Sobald die Kristalle die genaue Grösse erreichen, wird der Prozess gestoppt.
Nun wird alles in die Zentrifuge gegeben. Erst jetzt werden die Zuckerkristalle von der Melasse, einer braunen Flüssigkeit, durch zentrifugieren getrennt. Ein sogenannter Weisszucker ist entstanden. Dieser wird durch weitere Arbeitsschritte weiter zum gewünschten Zucker veredelt.
Welche Zuckerarten aus Zuckerrüben und Zuckerrohr gibt es?
Haushaltszucker, Kristallzucker, weisser Zucker
Dies ist der klassische weisse Zucker in relativ feiner Körnung. Er entsteht aus dem Zuckerrohr- oder Zuckerrübensaft. Durch wiederholtes Reinigen entsteht aus dem ursprünglich durch Melasse „verunreinigten“ Zucker der reinweisse Kristallzucker. Es gibt in kristalliner als auch in gepressten Form, mehrheitlich als rechteckiger Würfelzucker.
Puderzucker, Staubzucker
Der Puderzucker ist lediglich ein mechanisch verfeinerter Haushaltszucker. Er wird so lange gemahlen, bis er den gewünschten Feinheitsgrad erreicht hat.
Kandiszucker, Kandis
Kandis ist ebenfalls eine andere Form von Kristallzucker. Bei der Herstellung von Kandiszucker werden durch ständiges leichtes Bewegen der hochkonzentrierten Zuckerlösung grössere Kristalle gezüchtet. Während Haushaltszucker innerhalb acht Stunden ab Anlieferung der Zuckerrüben in die Fabrik entsteht, benötigt ein Kandiszuckerstück bis zur Fertigstellung mehrere Tage.
Brauner Zucker
Dieser hat meist eine leicht hellbraune Farbe. Diese entsteht dadurch, dass entweder dem Kristallzucker wenig karamellisierter Zucker beigefügt wird. Oder, der Zucker wird nicht ganz fertig gereinigt und enthält noch minimale Melasse-Anteile. Viele denken, dass dieser Zucker gesünder ist und ziehen ihn dem Haushaltzucker vor. Dies ist jedoch ein Trugschluss.
Vollrohrzucker, Rohrohrzucker, Muscovado-Zucker
Vollrohrzucker ist nicht gereinigter Zucker aus Zuckerrohrsaft. Er enthält noch alle Stoffe aus dem ursprünglichen Saft wie Vitamine, Mineralien und sekundäre Pflanzenstoffe. Allerdings sind diese Stoffe nur in Kleinstmengen vorhanden. Durch sie erhält dieser nicht fertig auskristallisierte, feuchte Zucker seine charakteristische dunkelbraune Farbe und seinen kräftigen, aromatisch-karamellartigen Geschmack. Oft wird er nicht einfach zum Süssen, sondern wie ein Gewürz verwendet. Viele halten diesen Zucker für gesund. Zumindest in Bezug auf die Zuckerantwort unseres Körpers ist er jedoch gleich ungesund wie Kristallzucker.
Zuckerrübensirup, Rübensaft
Der Zuckerrübensirup entsteht ohne irgendwelche Zusatzstoffe aus Zuckerrüben. Dieser Dicksaft besteht aus Saccharose und Invertzucker, deren Verhältnis 1:1 beträgt. So wird ein Auskristallisieren der Saccharose verhindert. Da er etwas weniger Kalorien enthält, wird er oft als gesunde Alternative angepriesen. Nichtsdestotrotz enthält Zuckerrübensirup viel Zucker und sollte, wie alle Zuckerarten, nur in kleineren Mengen genossen werden.
Melasse
Melasse gilt als ein «Abfallprodukt» bei der Zuckerherstellung. Man unterscheidet je nach verschiedene Stufen. Bei der ersten Stufe ist sie noch hell, weil in der Melasse noch die hellen Zuckerkristalle vorhanden sind. Die Engländer nennen diese Masse «Golden Syrup». Durch mehrmaliges weiteres Aufkochen wird diese Masse immer dunkler, bis am Schluss die sogenannte schwarze Melasse entsteht, die weniger Zuckermoleküle, jedoch Mineralien, Vitamine, Aminosäuren und sekundäre Pflanzenstoffe, enthält.
Viele sehen in ihr ein altes Heilmittel und sogar Kolumbus soll gesagt haben, sie sei die gesündeste und beste Nahrung der Welt. Nichtsdestotrotz sollte sie sehr zurückhaltend genossen werden, enthält sich zu einem nicht unerheblichen Teil verschiedene Zucker. Viele empfehlen max. zwei Teelöffel pro Tag.
Invertzucker
Invertzucker besteht aus den Einfachzucker Traubenzucker und Fruchtzucker. Er wurde früher aus Saccharose gewonnen, die von Zuckerrüben oder Rohrzucker stammten. Heute wird er jedoch immer häufiger aus Stärke hergestellt. Invertzucker wird meist zu Flüssigzucker weiterverarbeitet und in der Lebensmittelindustrie eingesetzt. Er schmeckt etwas milder und fruchtähnlicher als reine Saccharose und kristallisiert nicht so schnell. Dadurch bleiben Cremes und Sirups länger flüssig. In der Zutatenliste auf Lebensmittel wird er heute meistens unter dem Begriff Glukose-Fruktose-Sirup aufgeführt.
Wie gesund sind die verschiedenen Zuckerarten?
In Bezug auf ihren Zuckeranteil unterscheiden sich die aufgezählten Zuckerarten aus Rohr- oder Rübenzucker nur bedingt. All diese Zucker schaden unserem Körper, wenn wir sie in grösseren Mengen zu uns nehmen.
Das WHO hat 2015 die empfohlene Zuckermenge herabgesetzt. Neu sollte unser Zuckerkonsum nicht mehr als 5 Prozent unserer täglichen Kalorienaufnahme ausmachen. Dies entspricht ungefähr 25 Gramm oder etwas mehr als 6 Würfelzucker pro Tag. Zu Beginn des Artikels habe Sie gelesen, dass wir durchschnittlich rund die vier-, bis fünfeinhalbfache Zuckermenge konsumieren, die das WHO empfiehlt. In dieser Empfehlung geht es nicht nur um den Zuckerkonsum in Form von Würfelzucker. Sondern sie beinhaltet auch all den versteckten Zucker in Nahrungsmittel, den wir oft ohne unser Wissen zu uns nehmen.
Wie wäre es, wenn Sie einfach einmal darauf achten, wieviel Zucker Sie im Laufe eines normalen Tages zu sich nehmen? Ein Feedback dazu würde mich freuen.
Ihre Susan Rothenberger
Ein wirklich sehr interessanter Artikel. Ich erwarte die Fortsetzung. Da ich versuche alles an Zucker zu meiden, wie Fertigprodukte jeglicher
Art, ich auch mein Brot selber herstelle und nur Stilles Wasser und Tee und Kaffee ohne Zucker trinke, habe ich es glaube ich schon gut reduziert. Wenn ich Kekse backe nutze ich Honig unseres Dorfimkers. Aber sicher ist man vor Zucker ( versteckten) eigentlich nie….
Selber machen ist sicher eine der einfachsten und sinnvollsten Möglichkeiten, verstecktem Zucker aus dem Weg zu gehen. Dazu schmeckt es meistens auch viel besser. Da bist du schon weiter als viele… 🙂