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Coaching für Hochsensible, für Existenzgründer, für den Weg zum eigenen Glück: Zurzeit gibt es kaum eine Branche, die so schnell und beständig wächst wie die Coaching-Branche. Der Coach gibt seinen Kunden Leitlinien an die Hand, die zum Erfolg verhelfen sollen – ganz gleich, um welches persönliche Vorhaben es sich handelt. Doch um diesen Anforderungen gerecht zu werden, benötigt es nicht nur Fachkenntnis, sondern auch ethische Verantwortung.

«Coach» – eine Berufsbezeichnung, die sich generell erstmal jeder auf die eigene Visitenkarte schreiben darf, denn der Begriff ist nicht geschützt. Rund 40 000 selbst ernannte «Coaches» tummeln sich auf dem Markt, darunter sind Schätzungen zufolge nur 4000 mit einer qualifizierten Ausbildung. Der Begriff wird oft zweckentfremdet oder gar mit dem des Beraters oder des Trainers gleich gesetzt. Dabei haben Kunden, die einen Coach beauftragen, meist konkrete Vorstellungen von seiner Arbeit: Er soll ihnen dazu verhelfen, das zu erreichen, was sie alleine nicht erreichen können.

Ein Coach berät zwei Personen in einem Vortrag
Der Begriff «Coach» wird oft zweckentfremdet oder gar mit dem des Beraters oder des Trainers gleich gesetzt. Photo by Pixabay

Ganz gleich, ob es um die eigene Gesundheit, das Business oder ein ganz anderes Feld geht: Sie erhoffen sich, dass der Coach ihre Schwächen und Stärken erkennt sowie Kompetenzen und Strategien für sie entwickelt.

Perfektion kennt keine Grenzen

Nicht selten steht hinter dem Wunsch nach Coaching ein bekanntes Gefühl: Angst. Beweggründe für ein Coaching können deshalb Gedanken sein wie: «Bin ich qualifiziert genug für …», «Kann ich mithalten mit …», «Ist meine Persönlichkeit stark genug um …».

«Selbstoptimierung» heißt das Zauberwort. In Zeiten der Digitalisierung und eines sich ständig erneuernden Arbeitsmarktes werden Lebensläufe immer komplexer. Für Viele stellen diese Umstände eine Bedrohung dar: Wer sich nicht weiterbildet und Eigeninitiative beweist, bleibt auf der Strecke. Arbeitnehmer sollen flexibel sein, sich an neue Situationen und dynamische Prozesse anpassen, obwohl sie sich insgeheim nach Stabilität sehnen.

Lehrbuch mit Lesebrille und zwei farbigen Marker
Wer sich nicht weiterbildet und Eigeninitiative beweist, bleibt auf der Strecke. Photo by Pixabay

Nährstoff für Perfektionismus ist der Druck der modernen Leistungsgesellschaft. Zu groß ist die Angst, nicht gut genug zu sein. Es gilt, die Lücken im Kompetenzprofil möglichst rasch zu schließen.

Mut zur Lücke

Der Mensch als Mängelwesen? Der Philosophie-Professor Arnold Gehlen sieht darin ein Wesen, das sich in biologisch «hoffnungsloser Lage» befindet, denn es ist verunsichert durch einen Überschuss an Antrieben. Darin liegt nach Gehlen auch der Unterschied zum Tier, das dank seiner Instinkte eine naturgegebene Sicherheit des Verhaltens besitzt. Wie soll der Mensch also entscheiden, welchen Antrieben er folgt? Schließlich schafft eine Auswahl an Möglichkeiten gleichzeitig eine Auswahl an Entscheidungen. Und genau hier erhoffen sich viele Menschen Hilfe von einem Coach, der sie darin unterstützt, die persönliche Laufbahn zu finden. Im Grunde geht es darum, zurück zu den eigenen Instinkten zu finden: Was treibt mich im Innersten an?

Coaching: Anleitung statt Umformung

Das Problem vieler moderner Coachings ist ihre Willkür. Sie stellen nicht den einzelnen Kunden in den Fokus, sondern «stülpen» ihnen ihr einmal erarbeitetes Konzept auf. Konkret heißt das: Statt individuell auf sie einzugehen, werden ihnen pauschale Sätze an die Hand gegeben, die auf eine Vielzahl von Kunden zutreffen können und werden. Statt sich auf Persönlichkeiten zu konzentrieren, wird für die Masse gearbeitet.

Coaching im Dreiergespräch
Coaching ist wie ein Dialog auf Augenhöhe. Photo by Tim Gouw on Unsplash

Ein sinn- und wertvolles Coaching hingegen ist wie ein Dialog auf Augenhöhe. Es arbeitet klientenorientiert und hält sich selbst mit Ratschlägen und Anweisungen zurück. Diese Art von Coaching negiert damit zunächst die Erwartungen des Kunden, der sich ja gerade nach konkreten Leitlinien sehnt. Ein guter Coach lässt diese von seinem Kunden selbst erschaffen, indem er ihm sehr genau zuhört, Fragen stellt und somit immer näher rückt an die Persönlichkeit, die ihm gegenübersitzt. Er bietet das Gesicht zur Selbstreflexion und eröffnet damit die Möglichkeit zur Selbsthilfe.

In diesem Sinne ist nicht nur eine fundierte Ausbildung ein unabdingbares Qualitätsmerkmal eines guten Coaches, sondern auch sein Bewusstsein für die ethische Verantwortung, die seine Dienstleistung mit sich bringt. Coaching sollte immer ein Arbeiten mit dem Menschen, nicht an ihm sein.

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