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Viele Mythen ranken sich um Crataegus, so die wissenschaftliche Bezeichnung. Dornröschen soll durch Weißdorn in einen hundertjährigen Schlaf gefallen sein, für Christen ist er ein Zeichen der Hoffnung, und die Dornenkrone von Jesus soll aus Weißdorn bestanden haben. Soweit die Legenden. Sicher jedoch ist, dass Weißdorn seit vielen Generationen als wirksames Mittel bei Herz-Kreislauf-Beschwerden eingesetzt wird.
Der Weißdorn ist auch heute noch ein universelles Herzmittel, wichtigstes Präventivtherapeutikum bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen und die erste von der Kommission E im Jahr 1983 untersuchte Droge. Auch in der Volksheilkunde und in der Mythologie spielt das Gewächs eine große Rolle.
Weißdorn gehört zu den Rosengewächsen
Die Pflanze (Crataegus monogyna und laevigata) gehört zu den Rosengewächsen und wächst in lichten Gebüschen, Hecken, an sonnigen Hängen und lichten Wäldern in ganz Europa. Er kann als stark verzweigter Strauch 2-5m hoch werden, als Baum sogar bis 10.
Die Zweige sind mit spitzen Dornen versehen und tragen kurz gestielte, vorne meist dreilappige Blätter, welche an der Oberseite satt grün, an der Unterseite aber hell- bis bläulichgrün und unregelmäßig gesägt sind. Die Blüten stehen aufrecht in Dolden, die Früchte sind dunkelrot, kuglig bis eiförmig.
Weißdorn ist vielfältig nutzbar
Genutzt werden beim Weißdorn sowohl die Blätter, die Blüten als auch die Früchte. Wenn bei den Blättern und Blüten auch Teile von anderen Weißdornarten gesammelt werden dürfen, dürfen bei den Früchten aber ausschließlich die von Crataegi monogyna und Crataegi laevigata verwendet werden. Die Blüten und Blätter erntet man während der Blütezeit, etwa von Mai bis Juni, die Beeren in der Vollreife.
Früchte haben einen höheren Procyanidingehalt und mehr Vitamin C
Als wirksamkeitsbestimmende Stoffe gelten die Flavonoide (1-2%), hier vor allem Hyperosid, Rutin und Vitexin. Außerdem findet man noch Procyanidine, biogene Amine, Triterpensäuren, Acetylcholin, Tyramin, Sterole, Gerbstoffe und weitere Inhaltsstoffe.
Die Früchte haben einen höheren Procyanidingehalt und mehr Vitamin C, aber einen deutlich niedrigeren Flavonoidgehalt als die Blätter und Blüten.
Weißdorn gut für Herz, Kreislauf und Arteriosklerose
Weißdorn steigert das Herzzeitvolumen und die Koronar- und Myokarddurchblutung (positiv dromotrop). Außerdem wird die Herzleistung und die Kontraktilität des Herzmuskels verbessert (positiv inotrop). Der periphere Gefäßwiderstand wird gesenkt und die subjektiven Beschwerden der Herzinsuffizienz werden verbessert. Weißdorn verlängert die Refraktärzeit und reguliert so den Herzrhythmus (negativ bathmotrop).
Die Toleranz des Herzmuskels gegenüber Sauerstoffmangel wird erhöht, was sich auch Bergsteiger zunutze machen. Neuere Untersuchungen deuten darauf hin, dass Weißdorn auch zur Prävention von Arteriosklerose geeignet ist, wenn man ihn längere Zeit einnimmt. Und ganz allgemein kann die Pflanze die Lebensqualität und das körperliche und seelische Wohlbefinden steigern.
Mindestens 6 Wochen anwenden
Weißdorn gilt oftmals als erstes Mittel der Wahl beim «Altersherz». Durch die unterschiedlichen Wirkmechanismen kann die Pflanze auch bei funktionellen Herzbeschwerden (Herzdruck und Beklemmungsgefühle, anfallsweises Herzrasen), bei koronarer Herzkrankheit, bei leichten Formen der Herzinsuffizienz, bei Herzrhythmusstörungen und Angina Pectoris eingesetzt werden. Die Droge selbst, sowie wässrige, wässrig-ethanolische, weinige Auszüge und Frischpflanzenpresssaft werden traditionell zur Stärkung und Kräftigung der Herz-Krauslauf-Funktion eingenommen.
Als Anwendungsdauer wird immer ein Zeitraum von mindestens 6 Wochen empfohlen. Eine längere Anwendungsdauer hat sich auf jeden Fall bewährt, da eine deutlich wahrnehmbare Wirkung erst nach 5-6 Wochen optimal erreicht ist. Nebenwirkungen sind keine zu befürchten.
Weißdorn gilt als schützend
Die medizinische Nutzung von Weißdorn ist erstmals in den Schriften von Petrus de Crescentiis erwähnt, er empfahl ihn gegen Gicht. Erste Hinweise auf eine Verwendung bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen tauchen laut Madaus bei einem irischen Arzt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf.
Der Weißdorn ist eine klassische Heckenpflanze und schützte mit seinem dichten Wuchs und seinen Dornen in früheren Zeiten menschliche Siedlungen. Seit diesen Zeiten gilt der Weißdorn als schützend vor allen unheimlichen Dingen, die in der Wildnis lauern können. Man versuchte durch diese Pflanzen das Eindringen böser Tiere oder Dämonen (Hageweib= Hexe) zu verhindern.
Dort stammt auch der landläufige Name «Hagedorn» her. Um die Schlafstätten von Mensch und Tier zu schützen, bedarf es starker, wehrhafter Pflanzen. Das Wort «crataegus» setzt sich zusammen aus den griechischem «kratos= Stärke» und dem lateinischen «ago= führe zusammen» und bezieht sich auf das sehr harte Holz des Weißdorns. Die Pflanze schenkte in diesem Zusammenhang ruhigen Schlaf.
Im Weißdorn war ebenfalls der Sitz des Hausgeistes. Man verehrte ihn und opferte ihm Speisen. Die schützende, bergende Wirkung zeigte sich auch immer wieder in verschiedenen Märchen, im mitteleuropäischen Raum ist wohl Dornröschen am bekanntesten.
Die Griechen und Römer sahen im Weißdorn auch ein Symbol für eheliche Treue, Liebe und Glück. Am Altar trugen die Brautleute oft Weißdornzweige. Im Volk glaubte man außerdem, dass in einzelnstehenden Weißdornbüschen Feen hausen.
Ist doch eine schöne Vorstellung, oder? Und ein bisschen Feenstaub kann nie schaden. Den erwischen Sie aber nur, wenn Sie an der Pflanze auch kurz verweilen.
Gelegenheit dazu haben Sie auch an meinen Kräuterwanderungen, die ich ab April regelmässig im Freitaler Umland bei Dresden durchführe.