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Es sind die zentralen Fragen, die sich momentan viele Arbeitnehmer stellen:

  • Darf mich mein Arbeitgeber zur Corona-Impfung zwingen?
  • Kann ich gekündigt werden, wenn ich mich gegen die Corona-Impfung entscheide?

In der Gesundheits- und Pflegebranche sind die ersten Kündigungen gegenüber Mitarbeiter ausgesprochen worden, die sich nicht gegen Corona impfen lassen wollten, sodass diese Fragen für einige nicht mehr nur rein hypothetisch sind. Aber wie weit darf der Arbeitgeber gehen? Gibt es eine berechtigte Grundlage, auf die er sich stützen kann?

Grundsatz – Direktionsrecht ist beim Arbeitgeber

Im Rahmen der arbeitsvertraglichen und gesetzlichen Regelungen, darf der Arbeitgeber sein Weisungsrecht gegenüber dem Mitarbeiter und Arbeitnehmer ausüben.

Das Weisungsrecht des Arbeitgebers hat aber seine Grenze, wo es in den privaten Bereich des Mitarbeiters eindringt. Das ist immer dann der Fall, wenn die Persönlichkeitsrechte des Mitarbeiters beeinträchtigt werden. Der Mitarbeiter kann dann entgegenhalten, dass eine solche Aufforderung des Arbeitgebers gegen die über allen Gesetzen und Verordnungen stehenden Grundrechte verstößt, wie beispielsweise die Religionsfreiheit, die Meinungsfreiheit, das allgemeine Persönlichkeitsrecht oder die Menschenwürde.

Eine Bushaltestelle mit Parolen von Gegner der Corona-Impfung
Die Rechte anderer dürfen nicht verletzt werden. Quelle: Unsplash

Allerdings ist auch hier einzuschränken, dass diese Rechte nur soweit gelten können, wie nicht Rechte anderer verletzt werden oder gegen gesetzliche Vorgaben verstoßen wird.

Das Recht zur Einschränkung der Grundrechte der Mitarbeiter könnte sich aus den staatlichen Covid Verordnungen in Verbindung mit dem Arbeitsschutzgesetz und dem Infektionsschutzgesetz ergeben.

Alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen

In die Abwägung sind letztendlich alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Dem Arbeitgeber verbleibt ein Spielraum. Innerhalb dieses Spielraums können ihm mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Er muss also konkret schauen, ob es weniger einschneidende Maßnahmen gibt, um den geregelten und notwendigen Schutz der Mitarbeiter, Kunden und Geschäftspartner zu gewährleisten.

Dabei sollte es auch von Bedeutung sein, dass eine Impfung nach bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht verhindert Träger des Virus zu sein. Somit können weiter Menschen von Geimpften angesteckt werden, wenn sie selber nicht geimpft sind. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber im Rahmen seiner Gefährdungsbeurteilung für die unterschiedlichen Fallgruppen und unterschiedlichen Gefährdungsvarianten auch unterschiedliche Maßnahmen in Erwägung ziehen muss.

Es kommt immer auf die konkrete Gruppe bzw. dem konkreten Einzelfall an.

Jedoch weit überwiegend dürfte dem Arbeitgeber verwehrt sein, den Mitarbeiter zu verpflichten, dass dieser sich impfen lassen muss bzw. eine weitere Beschäftigung des Mitarbeiters abzulehnen, wenn dieser sich nicht gegen das Coronavirus impfen lässt. Das Direktionsrecht wird sich nicht so weit erstrecken lassen.

Im Ergebnis bedeutet dies, dass der Arbeitgeber immer dort, wo er andere Möglichkeiten hat, um den Schutzzweck und das Schutzziel zu erreichen, keine Impfungen des Mitarbeiters verlangen kann. Ist dieser Schutz z.B. durch das Tragen hochwertiger Masken, die vom Arbeitgeber zu stellen sind, Plexiglaswände, Schutzbekleidung und ähnlichem möglich, scheidet die Verpflichtung zum Impfen aus.

Sonderfall Gesundheits- und Sozialwesen

Ist dies aufgrund der Eigenart der Tätigkeit mit diesen Maßnahmen nicht möglich und ausreichend und gibt es keine alternative Möglichkeit um die Vorgaben aus dem Gesetz, Verordnungen und der Gefährdungsbeurteilung zu erfüllen, kann es auch in ganz besonderen Einzelfällen berechtigt sein, dass der Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung von einer Impfung abhängig macht, vergleichbar mit dem Masernschutzgesetz für bestimmte Personengruppen.

Ein Arzt mit Schutzmaske in der Hand
Gibt es keine Alternativen, kann der Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung eines Mitarbeiters von einer Impfung abhängig machen. Quelle: Unsplash

Gerade in Krankenhäusern, dem Bereich der Pflege und artverwandten Tätigkeiten ist eine überdurchschnittliche Infektionsquote festzustellen. Sofern in diesen Bereichen bereits mit hochwertiger Schutzkleidung und Schutzmasken gearbeitet wurde, könnte der Arbeitgeber einwenden, dass er keine anderen Möglichkeiten mehr sieht, um den notwendigen Schutz zu erreichen. Dies könnten gewichtige Argumente für den Arbeitgeber sein, die Weiterbeschäftigung der Mitarbeiter in diesen Bereichen von einer erfolgten Corona-Impfung abhängig zu machen.

Arbeitsverhältnis nicht von einer Impfung abhängig machen

Bis auf die Ausnahme der besonderen Tätigkeiten in Gesundheitseinrichtungen, wo es auf den Einzelfall ankommt, darf der Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung der Mitarbeiter nicht von einer Impfung abhängig machen. Für die überwiegenden Beschäftigten können danach die zu Beginn gestellten Fragen mit «Nein» beantwortet werden.

Wer noch tiefer in die Thematik einsteigen will, dem legen wir die begleitende Podcast-Folge der Reihe «Einfach Recht» ans Herz.

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