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Das Gefühl kennen wahrscheinlich viele Arbeitgeber und Arbeitnehmer: In den letzten Wochen und Monaten scheinen wir in einer Raumkapsel gesessen und mit Lichtgeschwindigkeit geflogen zu sein. Wer kann schon noch behaupten, dass die Prozesse und die Führung im Unternehmen heute noch die gleichen sind, wie zu Beginn des Jahres?

Momentan gehen unglaublich viele Umstrukturierungen vonstatten. Im Positiven für Unternehmen, die sich adaptiv verhalten und sich den Veränderungen stellen, im Negativen für diejenigen, deren Geschäftsmodell nun an seine Grenzen stößt und die schauen, wo sie Arbeitsplätze sparen können. So oder so, beides führt zu Unsicherheiten beim Mitarbeiter, vor allem dann, wenn die Kommunikationsbasis zwischen Führungsebene und Mitarbeiter sich verändert hat.

Homeoffice – Fluch oder Segen?

Schauen wir doch mal genauer auf das Thema Homeoffice. Das, was die Mitarbeiter zusammengehalten hat und vor allem auch ans Unternehmen bindet, war die Gewohnheit. Gewohnheiten, die sie in einem Ablauf halten – zu einer bestimmten Zeit erscheint man am Arbeitsplatz, macht seine Arbeit, tauscht sich in den Pausen mit Kollegen aus und fährt nach Dienstschluss wieder nach Hause.

Corona hat Gewohnheiten zerstört, was dazu führt, dass sich Menschen verändern, genauso wie deren Verhaltensweisen und Einstellungen. Plötzlich braucht es neue Rituale, Abläufe und Gewohnheiten. Wie hält man nun die Kommunikation und damit ein Mindestmaß an Bindung aufrecht? Und was bedeutet es für ein Unternehmen, wenn einige Mitarbeiter die Möglichkeit haben, im Homeoffice zu arbeiten und andere aufgrund ihrer Tätigkeit vor Ort sein müssen. Besteht die Gefahr einer Spaltung in der Belegschaft?

Wohnzimmer-Tisch mit Laptop als Homeoffice
Corona hat Gewohnheiten zerstört und Arbeitsplätze verändert. Quelle: unsplash

Für den Mitarbeiter im Homeoffice wird darüber hinaus die Schwelle zu einem Arbeitgeberwechsel plötzlich niedriger, vor allem dann, wenn er zweifelt, ob er noch eine Zukunft im Unternehmen hat. Das Regionalprinzip fällt weg, der Arbeitgeber wird austauschbar. Vielen Unternehmen ist dieser Umstand nicht bewusst. Einige Statistiken verstärken die Problematik: So zeigt eine Studie der MRM Agentur in Frankfurt, dass heute nur noch 13 % der Mitarbeiter ihr Team sehr vermissen. Im März waren es noch 40 %. Gleichzeitig sanken auch die Geduld mit den Kollegen und die Fehlertoleranz gegenüber dem Team.

Auch die Gallup Studie aus dem letzten Jahr zeigt: Knapp 70 % der Mitarbeiter hat nur wenig Bindung zum Unternehmen und macht Dienst nach Vorschrift, ganz zu schweigen von den 16 %, die innerlich bereits gekündigt haben. Was werden die Zahlen in diesem Jahr sagen? Aber noch wichtiger ist die Frage: Woher kommen die Zahlen?

Der Mitarbeiter als Spiegel des Unternehmens

Mitarbeiter spüren, ob das Unternehmen einen Plan für die Zukunft hat. Kleine Löcher in Form von Baustellen, denen sich das Unternehmen schon vorher gegenübersah und die nicht geklärt waren, werden zu tiefen Gräben durch Corona. Nun rächt sich eine Haltung, die einfach keine Veränderung wahrgenommen hat. Es entstehen Parallelwelten zwischen Mitarbeitern und Führungsebene. Und während die einen noch immer wie das Kaninchen vor der Schlange sitzen, nach dem Motto „Wir warten mal ab, was passiert“, überholen andere auf der linken Spur und ziehen, wenn man nicht aufpasst, die eigenen Mitarbeiter mit.

Dabei kann eine zentrale Frage diese Entwicklung abmildern:

«Wie geht es meinen Mitarbeitern?»

Haben wir verlernt, über Persönliches zu reden? Ist es nicht auch Pflicht eines Arbeitgebers offen Empathie zu zeigen? Wir meinen ja, und glauben auch, dass Unternehmer und Führungskräfte, die das nicht können, ernsthafte Probleme bekommen können. Sicherlich, die Frage nach dem Wohlbefinden des Mitarbeiters ist eine sehr persönliche, schafft aber Vertrauen. Dazu muss es auch Führungskräften gelingen, die Angst abzulegen, eine emotionale Bindung aufzubauen.

Eine Führungskraft telefoniert am offenen Fenster mit Blick aufs Grüne und erkundigt sich um das Befinder der Mitarbeiter
Haben wir verlernt, über Persönliches zu reden? Ist es nicht auch Pflicht eines Arbeitgebers offen Empathie zu zeigen? Quelle: pixabay

Auch hier hat sich, das haben unsere Beobachtungen und eigene Erfahrungen mit unseren Kunden gezeigt, vieles geändert durch Corona. Die Mitarbeiter haben einen anderen Anspruch, andere Wertvorstellungen. Ihre Gesundheit, ihr persönliches Wohlbefinden und vor allem auch der Sinn ihrer Arbeit haben einen noch größeren Stellenwert bekommen, als es sich schon vor der Krise abzeichnete. Unternehmer, Geschäftsführer, Entscheider, die empathisch kommunizieren, begeben sich auf eine komplett neue Ebene im Umgang mit ihren Mitarbeitern.

Wie geht es der Belegschaft insgesamt?

Weg von der rein persönlichen Ebene, empfiehlt sich auch, zu analysieren, wie es der Belegschaft insgesamt geht, wie ihre Haltung zum Unternehmen, zu ihrer Arbeit, den Kollegen, Vorgesetzten und dem Arbeitsumfeld ist und das auf einer rein objektiven Ebene.

Eine Gruppe von Mitarbeitern an einem einfachen Holztisch als Zeichen des Wandels der Führung
Analysieren Sie wie es Ihrer Belegschaft geht? Quelle: unsplash

Eine solche Analyse bietet wertvolle Informationen für die Weiterentwicklung eines Unternehmens. Weiß man um die Haltung der Mitarbeiter, kann jeder feststellen, wo sich Abweichungen abzeichnen. Stehen, wie bei einer Ampel, alle Zeichen auf Grün heißt es: Top, weiter so! Gelb zeigt an: Hier musst du genauer hinschauen. Da könnte sich etwas entwickeln, was für dich zum Nachteil ist. Aber du hast jetzt die Möglichkeit gegenzusteuern. Mach dich auf den Weg, um Veränderungen anzustoßen. Rot ist ein absolutes Warnsignal, wo nur ein rigoroser Transformationsprozess noch Abhilfe schaffen kann.

Doch egal, welches Ergebnis zum Vorschein kommt – allein die Bereitschaft, empathisch zu kommunizieren, hinzuschauen und die richtigen Schlüsse zu ziehen, zeigt, dass Wertschätzung und Achtung keine Feigenblätter sind, sondern gelebte Unternehmenskultur.

Lesen Sie zum Thema auch den Folgeartikel: Vom Anführer zum adaptiven Lotsen: Mindset in der Führung

Autoren dieses Artikels:
Ralf Wuzel und Sandro Wulf

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