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Bringen uns diese Headlines wirtschaftlich wirklich weiter?
Wie können neue, sinnvolle Lösungswege für die Zukunftssicherung von Unternehmen aussehen?

Oft neigen wir dazu, Menschen aufgrund ihres Alters in Stereotype zu pressen, ohne die wahren Hintergründe zu beleuchten. Betrachtet man die Problematik ganzheitlicher und objektiver, werden die Ursachen für vermeintlich gescheiterte Initiativen, wie z.B. Schülerpraktika, deutlicher. Wenn bei bundesweit angebotenen Praktikumswochen, „viele Schüler ihre Termine platzen lassen“, wie es in den ausgestrahlten Fernsehnachrichten der Tagesschau hieß, ist dies auch unserer regionalen Zeitung eine ähnliche Schlagzeile wert (Heilbronner Stimme online: Schüler erscheinen nicht zur Praktikumswoche – Firmen warten oft vergeblich – STIMME.de) . Das rüttelt Unternehmen, Wirtschaftsverbände und auch gesamtgesellschaftlich wach.

Lassen wir doch einfach die Fakten sprechen:

  1. Demografischer Wandel:
    Etwa 10.000 junge Menschen im Alter von 14 bis 29 Jahren werden in Zukunft rund 20.000 Arbeitskräfte von HEUTE ersetzen, die 55 Jahre und älter sind. Wie mag es sich für „die Jungen“ auf den ersten Blick anfühlen, in Zukunft für zwei arbeiten zu müssen?
  2. Arbeitslosigkeit bei über 50-Jährigen und Menschen mit Schwerbehinderung:
    Menschen ab 50 und Personen mit Schwerbehindertenausweis verzeichnen immer noch längere Perioden der Arbeitslosigkeit im Vergleich zu den „üblichen Vergleichsgruppen“ im mittleren Alter. Für Junge Menschen mit sichtlicher Schwer- oder Lernbehinderung ist die Suche nach einem Wunschausbildungsplatz immer noch deutlich erschwert.
    Welche tief verwurzelten Vorurteile spielen hier unbewusst bei der Bewerberauswahl eine Rolle?
  3. Gesundheitliche Auswirkungen unbesetzter Stellen:
    Langfristig unbesetzte Arbeits- und Ausbildungsstellen führen zu anhaltenden Belastungen für die Unternehmen, die sich infolge dessen wirtschaftlich negativ auswirken.
    Steigende Fehlzeiten sind in den Gesundheitsberichten der Krankenkassen für das Jahr 2023 und die Vorjahre dokumentiert. Ist Gesundheitsprävention immer noch Privatsache? Insbesondere, wenn in kleinen und mittleren Unternehmen teilweise nicht einmal die gesetzlich vorgeschriebene Gefährdungsanalyse durchgeführt wird, die als Schlüsselindikator für gesunde Unternehmensstrukturen gilt?

Diese Tendenzen kritisch zu hinterfragen, begleitet mich persönlich privat und beruflich seit einigen Jahren.
Zum einen kenne ich die Behördensicht aus sieben Jahren Beratungstätigkeit in der Agentur für Arbeit, die Erkenntnisse aus meiner eigenen Führungstätigkeit in der freien Wirtschaft sowie aus persönlicher Erfahrung. Wenn ich von der Generation Z lese, weiß ich, dass meine beiden Teenager am Familientisch genau dieser Gruppe angehören. Als Mutter sehe ich daher sehr viele verallgemeinernde Argumente, die ich persönlich für unbelegte Vorurteile halte. Deshalb stelle ich die berechtigte Frage: Ist diese Generation wirklich skeptisch gegenüber dem Berufseinstieg oder liegen die Ursachen tiefer? Junge Menschen im Alter von 14 bis 29 Jahren stehen heute vor einer Vielzahl von Herausforderungen, insbesondere in Bezug auf Ausbildung und Beruf.

Genau dieser Frage bin ich in diesem Artikel nachgegangen. Es macht menschlich und wirtschaftlich Sinn, die Gründe für hohe Ausbildungsabbrecherquoten und Generationenkonflikte im beruflichen Umfeld zu beleuchten. In meinen Einzelberatungen als Mentorin für Führungskräfte kommen diese Themen immer wieder zur Sprache.
Gerne zeige ich eine kleine Sammlung von Lösungsansätzen, die ich gemeinsam mit erfahrenen Führungskräften erarbeitet habe. Die Kunst besteht darin, die junge Generation für die Ausbildung und den Berufseinstieg zu begeistern und dabei selbst motiviert, gesund und leistungsfähig zu bleiben, unabhängig vom Alter.

Gründe für Ausbildungsabbrüche

Es ist unbestreitbar, dass die Rate von Ausbildungsabbrüchen in der jüngeren Generation stetig steigt. Dieses Thema war während meiner Tätigkeit bei der Agentur für Arbeit ständig präsent und es gab die vielfältigsten Gründe dafür. Das hat mich dazu bewogen, die tatsächlichen Ursachen dahinter genauer erfassen zu können.
Die Hauptgründe aus meinen Beratungsgesprächen sind:

  1. Hohe eigene Erwartungen, die die Jugendlichen an sich selbst stellen.
  2. prägende Vorbilder aus dem familiären Umfeld, die zusätzlichen (ungewollten) Druck ausüben können.
  3. Unsicherheiten, ob der gewählte Ausbildungs- oder Berufsweg wirklich den eigenen Interessen und Fähigkeiten entspricht.
    Das Gesamtpaket mit großen Fragezeichen ist nicht besser.

Entscheidungen für eine ungewisse Zukunft zu treffen, ist für Jugendliche heute eine größere Herausforderung. Die Flut an digitalen Informationen erschwert dies zusätzlich.
Hinzu kommt die Frage, welche Berufe in fünf Jahren überhaupt noch relevant sein werden. Diese Fragen und Diskussionen kommen in Schule, Berufsberatung und Unternehmen oft zu kurz, weil sich nur wenige damit beschäftigen.

Ich persönlich empfehle, ein Praktikum oder einen Ferienjob anzubieten und die Jugendlichen bei Firmenevents einzubinden. Das schafft emotionale Anreize, die neugierig auf das Unternehmen und die Menschen machen. Ein begeistertes Team ist bei der Berufsorientierung die halbe Miete und hilft den Jugendlichen, ihre eigenen Unsicherheiten zu minimieren.

Generationenkonflikte am Arbeitsplatz

In der heutigen Arbeitswelt treffen die Generation Z und mehrere berufserfahrene Generationen aufeinander, was häufig zu Konflikten führt. Jüngere Mitarbeitende haben eine andere Gewichtung von Arbeit und Freizeit. Flexiblere Arbeitsbedingungen und mehr Eigenverantwortung stehen oft im Gegensatz zu den Älteren, die an traditionellen Rahmenbedingungen festhalten. Da ist man menschlich schnell „genervt“ vom Gegenüber und ich behaupte mal, das liegt nicht nur am Altersunterschied.

Miteinander reden, ein wertschätzender Dialog sind Lösungsansätze, um menschliche Brücken zwischen den Generationen zu bauen.
Bei generationenverbindenden Projekten können wir durchaus von Vorbildern und bereits erprobten Veranstaltungen lernen. Wir müssen das Rad nicht neu erfinden, aber vielleicht etwas anders denken!
Schulprojekte wie der „Crashkurs – Anwendungstipps – Smartphone und Tablet für Senioren“ oder das betriebliche Familienfest mit Eventcharakter und Erlebnisaktionen sind nur zwei Umsetzungsbeispiele.
Gezielte Mentoring-Programme (Weitergabe von Wissen, Erfahrungen, Werten) haben sich inzwischen auch in kleinen und mittleren Unternehmen bewährt. Ältere und jüngere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können abteilungsübergreifend voneinander lernen, indem sie sich im regelmäßigen Austausch gegenseitig Tipps und Ideen geben. Vorteilhaft zum Beispiel bei der Anschaffung einer neuen Produktionsmaschine oder bei der Umstellung auf entlastende IT-Tools im Verwaltungsbereich. Je mehr Perspektiven zu einer Lösung beitragen, desto besser ist das Endergebnis. Wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei gravierenden (strukturellen) Veränderungen die Richtung mitbestimmen und mitreden können, steigt die Akzeptanz des gesamten Veränderungsprozesses. Das größere Verständnis sorgt so für mehr Toleranz unter den unterschiedlichsten Teammitgliedern und ist damit die Basis für einen schnelleren Umsetzungserfolg.
Alles in allem ein Plus an menschlicher Vielfalt – wirklich gelebte „Diversity“!

Mehr Kreativität, bessere Problemlösungsfähigkeit: Das Zusammenbringen von Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund und Erfahrungen führt zu besseren Entscheidungen, Bild: Pexels.

Lösungen für Generationenkonflikte am Arbeitsplatz

Eine Möglichkeit, Generationenkonflikte zu überwinden, besteht darin, generationsübergreifende Teams zu fördern, in denen sowohl ältere Mitarbeiter als auch die Generation Z zusammenarbeiten. Dies ermöglicht den Austausch von Erfahrungen und Ideen im direkten Arbeitsumfeld, um damit automatisch die besten Ergebnisse zu erzielen. Zudem empfehle ich in Gesprächen mit Unternehmen, die Realisierung von flexible Arbeitsmodellen zu prüfen. Flexibilität ist eine wichtige Grundlage dafür, zukünftig sowohl den Bedürfnissen der jungen Mitarbeitenden als auch Menschen in den verschiedenen Lebensphasen gerecht werden. Denn damit bieten Unternehmen eine Grundlage für das wichtige Gefühl der sozialen Zugehörigkeit. Die positiven Auswirkungen von emotionalen Verbindungen sind durch ein angenehmes Betriebsklima und einen wertschätzenden Umgangston deutlich spürbar. 
Dabei parallel den Fokus auf die Arbeitsqualität und -Ergebnisse zu richten ist aus meiner Berufspraxis möglich und umsetzbar.
Dies führt nachweislich zu einer Verringerung der Fehlzeiten, indem automatisch eine stärkenorientierte Führungskultur und gesteigerte, altersunabhängige Motivation gefördert werden.
Wenn ich zurückblicke auf die Kundengespräche, bei denen es um berufliche Neuorientierung aus gesundheitlichen Gründen ging, war eines für mich sehr auffällig. Bei Unternehmen, die bei langen Krankheitsphasen trotzdem im regelmäßigen Kontakt blieben, konnte ich in den meisten Fällen die Betroffenen erfolgreich bei der Rückkehr ins Unternehmen begleiten. Dabei war ein echtes Interesse von Seiten des Unternehmens erkennbar und dies verkürzte häufig den Heilungs- und Rückkehrprozess. Egal wie jung oder alt diese Menschen waren, solche positiven Beispiele und der offene Umgang mit Krankheitsphasen hat eine positive Ausstrahlung im gesamten Unternehmen – das ist automatisches und ECHTES „Employer-Branding“, da bin ich absolut sicher.   

Chancen für Erfahrene 50plus

Erfahrene Fach- und Führungskräfte spielen eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, junge Menschen für den Beruf und die Ausbildung zu begeistern. Viele über 50-Jährige bieten als Mentoren Orientierung und Unterstützung. Sie sind Leitplanken für die Jüngeren mit realistischen Berufszielen, ohne dass dies von den Jugendlichen als Einschränkung empfunden wird. Denn Selbstbestimmung ist den meisten Jüngeren besonders wichtig. Offenheit für die Ideen und Bedürfnisse der jungen Generationen ist ebenso wichtig wie der respektvolle Umgang mit dem Wissensschatz der Lebenserfahrenen. Wenn beide Seiten bereit sind, aufeinander zuzugehen, können gemeinsam brillante Lösungen und Innovationen entstehen.
Wichtig ist dabei, dass die Führung und die gemeinsame Richtung stimmen.

Denn auch hier läuft nicht alles reibungslos. Laut einer repräsentativen Studie des „Bürolieferanten Viking“ (Der Generationenkonflikt am Arbeitsplatz – Der Viking Blog) wurde das Konfliktpotenzial in Bezug auf Respekt und Machtverhältnisse insbesondere in den oberen Führungsebenen deutlich. In dieser Befragung gaben doppelt so viele Männer wie Frauen der älteren Generation an, regelmäßig um Macht zu kämpfen, was sich belastend auf das Betriebsklima auswirkt.
Gegenseitige Sensibilisierung der Führungskräfte und regelmäßige Kommunikation im Team sind auch hier der erste Schritt in eine psychisch gesunde und produktive Zukunft.

Fazit

Die Herausforderungen, denen die Generation Z in Bezug auf Ausbildung und Arbeit gegenübersteht, sind real. Neue Ausbildungs-Onboarding Konzepte sind gefragter, denn je. Gleichzeitig gilt es aber auch, die individuellen Gründe für Ausbildungsabbrüche zu ergründen, Generationenkonflikte zu minimieren und gemeinsam Lösungen zu finden. Erfahrenen Fach- und Führungskräften kommt dabei eine entscheidende Zukunftsrolle zu. Sie haben oft ein „gutes Händchen“, unsere Jugendlichen für das Unternehmen/die Ausbildung zu begeistern und motivierend zu unterstützen. Wichtig ist, dass die Unternehmen dies erkennen und die notwendigen Freiräume schaffen. Durch den Aufbau emotionaler Bindungen zwischen den Generationen stellen Unternehmen sicher, dass sowohl die Generation Z als auch die Lebenskenner ihre „Schaffenskraft“ voll entfalten und sich optimal auf die Arbeitswelt und die Kundenzufriedenheit auswirken. Das Ergebnis ist ein positiver Zukunftsertrag, der sich nachhaltig stabilisierend auf Menschen, Unternehmen und Wirtschaft auswirkt.

Diese drei Schlüsselelemente haben hierbei einen hohen WERT:

  1. Wertschätzung für alle Mitarbeitenden stärkt das Gefühl sozialer Zugehörigkeit
  2. Förderung des gegenseitigen Verständnisses wirkt mental stabilisierend
  3. Schaffung von zeitgemäßen Dialogmöglichkeiten, die den Bedürfnissen der verschiedenen Generationen im Unternehmensalltag gerecht werden (Besprechungs- und Kommunikationskultur überprüfen)

Es lohnt sich für uns, sowohl gesellschaftlich als auch unternehmerisch an einem Strang zu ziehen, denn wir brauchen zukünftig jede helfende Hand.

Mein persönliches Statement zum Schluss:
„Generationenfreundliche Unternehmen schaffen den Sprung in die sichere Zukunft!“

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