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Kann ich als Unternehmen den Mitarbeiter zum Corona-Schnelltest verpflichten?
Muss ich als Mitarbeiter der Aufforderung des Arbeitgebers zum Test folgen?
Was ist, wenn der Mitarbeiter den Corona-Test verweigert?
Diese Fragen drängen sich aktuell gerade auf, da der Ruf nach der Testpflicht für und in den Unternehmen an ihren Mitarbeitern immer lauter wird.
Der Forderung nach der gesetzlichen Festschreibung des Corona-Tests steht das Argument der Unternehmen gegenüber, dass diese im Rahmen der hohen Eigenverantwortung und auf der Grundlage von Schutz- und Hygienekonzepten Tests anbieten und dies ausreichend sei. Jedoch gehen die Unternehmen auch hier davon aus, dass sie lediglich Tests anbieten und auf die Freiwilligkeit der Mitarbeiter vertraut werden muss. Dies bestätigt auch das Gesetz, dass keine Verpflichtung für die Mitarbeiter vorsieht.
Die meisten Unternehmen und Personalabteilungen wissen jedoch nicht, wie sie sich verhalten sollen, wenn diese freiwilligen Test von den Mitarbeitern abgelehnt werden. Dieses Problem stellt sich zum einen, wenn eine solche Testung in den betrieblichen Schutz- und Hygienekonzepten vorgesehen ist, als auch wenn das Infektionsgeschehen und die betrieblichen Abläufe aus der Sicht des Unternehmens solche Tests erforderlich machen.
Richtige Schutzmaßnahmen nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
Das führt uns zu der ersten Frage:
Kann ich den Mitarbeiter zum Corona-Schnelltest verpflichten? Oder anders gefragt: Muss ich der Aufforderung des Arbeitgebers zum Schnelltest folgen?
Bewusst wird hier auf den Schnelltest abgestellt. Dieser ist ohne große Vorkenntnisse und ohne einen erheblichen Eingriff durch einfaches Abstreichen an der Naseninnenwand oder Spucktest durchführbar. Er nimmt im Durchschnitt einen Zeitraum von 15 Minuten in Anspruch. Erst wenn das Testergebnis eine mögliche Infektion ausweist, also positiv ist, bedarf es der Überweisung an Spezialisten, die einen umfangreicheren Test vornehmen.
Grundsätzlich haben Arbeitgeber gerade auch während der Coronapandemie die Pflicht zu Schutzmaßnahmen im Betrieb, um Beschäftigte vor einer Infektion zu schützen. Dies ergibt sich aus einer Vielzahl von Vorschriften und in Verbindung mit den SarsCovid-Verordnungen. Der entscheidende Punkt ist, herauszuarbeiten und darzulegen, welche Maßnahme geeignet ist diesem Schutz gerecht zu werden. Es gilt der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Danach ist zuerst die Maßnahme anzuwenden, die am geringsten die durch die Maßnahme betroffenen Personen beeinträchtigt, aber dennoch das gewünschte Ziel erreicht.
Das bedeutet, dass für jeden Einzelfall bzw. für Gefährdungsgruppen überlegt werden muss, was es für Maßnahmen gibt, um den vorgegebenen Schutzzweck der Vermeidung von Ansteckungen zu erfüllen. Das kann neben den bekannten AHA-Regelungen eben auch der Corona-Schnelltest sein.
Schutz- und Hygienekonzepte auf Basis der Gefährdungsbeurteilung
Wie es jedoch in der Praxis aussieht, möchte ich an einem tatsächlichen Fall erläutern und dem dazu ergangenen Urteil des Arbeitsgerichts. Was war geschehen?
Ein Baustoffunternehmen hatte vor Weihnachten mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung beschlossen. In dieser wurden verpflichtende und kostenlose Corona-Schnelltests (PCR-Test) für alle Mitarbeiter an 18 Standorten in Deutschland festgelegt, die nach den Weihnachtsferien 2020 an ihren Arbeitsplatz zurückkehrten. Als sich mehrere Arbeitnehmer nach Ferienende weigerten, den Test durchzuführen, verweigerte der Arbeitgeber den Zutritt zum Werksgelände und die Beschäftigung ohne Corona-Schnelltest.
Welche Schutzmaßnahmen der Arbeitgeber im Einzelnen ergreifen darf, richtet sich nach der aktuellen Gefährdungslage vor Ort und führt immer wieder zu arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen. Im Eilverfahren vor dem Arbeitsgericht Offenbach scheiterte der Arbeitnehmer im Februar 2021, der seine Beschäftigung auch ohne den angeordneten Test verlangte.
Er vertrat die Auffassung, die Anweisung des Arbeitgebers, den Corona-Test durchzuführen, verstoße gegen das Recht auf Selbstbestimmung. Sie sei weder durch das Weisungsrecht noch durch die Betriebsvereinbarung gedeckt. Der PCR-Test sei unverhältnismäßig, weil er einen invasiven Eingriff in die körperliche Unversehrtheit bilde.
Keine besondere Eilbedürftigkeit
Die Richter des Arbeitsgerichts in Offenbach wiesen den Antrag unter anderem auch deshalb zurück, weil der Arbeitnehmer die Eilbedürftigkeit einer sofortigen Entscheidung nicht belegt habe. Für die Richter war ein besonderes, eiliges Beschäftigungsinteresse nicht erkennbar.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und die Entscheidung in der Hauptsache steht noch aus. Es ist jedoch ein klares Indiz, wie die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung diese Frage einordnet.
Das Arbeitsgericht hat mit seiner Entscheidung zum Ausdruck gebracht, dass der Mitarbeiter, der sich nicht testen lassen möchte, zwar die Möglichkeit hat, den Test zu verweigern. Jedoch hat er keinen Anspruch auf Beschäftigung und in der Folge auch nicht auf Arbeitsentgelt.
Das Unternehmen hat zu bewerten, ob der Corona-Schnelltest die effektivste und zugleich zumutbare Möglichkeit ist, Infektionsketten zu unterbrechen und die Mitarbeiter und Kunden zu schützen. Dies gepaart mit weiteren Maßnahmen kann Teil der gesetzlich vorgegebenen Gefährdungsanalyse sein und des daraufhin erstellten Schutz- und Hygienekonzeptes.
Ausgenommen beim Homeoffice, darf davon ausgegangen werden, dass bei der Erbringung der Arbeitsleistung im Betrieb und bei Kontakt mit Kollegen und Kunden die Anordnung zur regelmäßigen Testung durch die Schnelltests durch den Arbeitgeber zulässig ist. Es gelten in der Folge die allgemeinen Grundsätze wie die der Gleichbehandlung, der Beteiligung des Betriebsrates usw. Die Ausgestaltung im Detail im Unternehmen hat individuell zu erfolgen.
Die grundsätzliche Frage nach der Verpflichtung zum Schnelltest kann mit «ja» beantwortet werden.
Was ist die Konsequenz und Rechtsfolge daraus?
Das führt uns zu der weiteren von mir bereits gestellten Frage.
Was ist, wenn der Mitarbeiter den Test verweigert?
Ohne Corona-Test keine Leistung, kein Arbeitsentgelt
Der Mitarbeiter kann nicht zum Test gezwungen werden. Er hat lediglich die Konsequenzen zu tragen, wenn er aufgrund der Weigerung nicht beschäftigt werden kann.
Das bedeutet, dass der Mitarbeiter kein Arbeitsentgelt bekommt, solange er die Arbeit nicht ausführt.
Es besteht im deutschen Arbeitsrecht der Grundsatz, dass der Mitarbeiter mit seiner Arbeitsleistung in Vorleistung gehen muss. Erst wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft eingebracht hat, kann er am Ende des vereinbarten Abrechnungszeitraums sein Arbeitsentgelt verlangen.
Die Weigerung des Arbeitgebers, den Mitarbeiter mangels Testung zu beschäftigen, ist von dem Mitarbeiter zu vertreten. Dieser hat es selbst in der Hand. Danach bekäme er bei der Weigerung kein Geld.
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