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Bereits seit über einem halben Jahr sprechen Sandro Wulf, Fachanwalt für Arbeitsrecht und ich in unserem wöchentlichen Podcast «Wechselspiel der Kommunikation» über Themen, die unsere Wirtschafts- und Arbeitswelt aktuell bewegen. Mittlerweile haben wir über 20 Folgen aufgenommen, immer mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Aber im Endeffekt geht es doch immer um einen zentralen Aspekt: die Kommunikation im Team zwischen Führungsebene und Mitarbeitern. Und die ist auch und gerade im Homeoffice essenziell.
In den letzten Wochen hörte ich immer wieder von Kunden, dass sie das Gefühl haben, sie erreichten ihre Mitarbeiter nicht mehr. Statt gemeinsamen Meetings oder der Arbeit im Großraumbüro, sitzen alle plötzlich verteilt zu Hause. Und der Chef fragt sich, wie er die Kontrolle behalten kann. Beim Wort «Kontrolle» zucke ich zusammen. Denn bereits an der Stelle zeigt sich die Problematik. Für mich geht Kontrolle einher mit Misstrauen. Und noch immer höre ich Sätze, wie «Homeoffice ist doch wie Urlaub», gerade auch von Chefs.
Dazu kam kürzlich noch die Meldung, dass ein großes Software-Unternehmen eine Tracking-Software entwickelt, die den Workflow monitorisiert. Spätestens dann frage ich mich, ob wir nicht vom Weg abgekommen sind. Sollte der Virus eines Tages doch wieder verschwinden, das Arbeiten im Homeoffice wird uns erhalten bleiben, da bin ich mir sicher. Also schauen wir doch lieber, wie wir uns in Richtung Selbststeuerung und Vertrauen entwickeln können.
Lassen Sie mich das anhand von 3 Aussagen tun:
1. Mangelnde Kommunikation im Team führt zu Unsicherheit
Nicht nur die Chefs sind verunsichert, wenn Mitarbeiter im Homeoffice arbeiten, sondern auch die Mitarbeiter selbst. Denn vieles bleibt hier auf der Strecke: tägliche Gewohnheiten, Gespräche und gemeinsame Mahlzeiten mit Kollegen, nicht selten auch die Gesundheit und vor allem der Austausch mit dem Chef, dessen Feedback und die Anerkennung der Leistungen. Und die Frage am (meist nicht festgelegten) Ende des Arbeitstages: Habe ich heute genug geschafft?
Diese Frage kann aber nur beantwortet werden, wenn der Arbeit im Homeoffice klar formulierte Zielvorgaben vorliegen. Zielvorgaben seitens der Führungsebene, die den Rahmen schaffen und deren Erfüllung in regelmäßigen Gesprächen geprüft werden. Zielvorgaben, die aber nicht über das übliche Maß der Arbeit im Unternehmen hinausgehen dürfen. Es bedeutet einen Abgleich und ein Verständnis gegenseitiger Erwartungen und der Fähigkeit des Vertrauens seitens des Chefs und der Selbststeuerung seitens der Mitarbeiter, auch wenn wir hier meist von einem längeren Lernprozess sprechen.
2. Ist mein Mitarbeiter noch derselbe? Arbeiten im Homeoffice verändert die Menschen.
Eine These, die ich für mich durch folgende Anhaltspunkte bestätigt sehe.
- Eine Studie der MRM Agentur in Frankfurt hat gezeigt, dass heute nur noch 13% der Mitarbeiter ihr Team sehr vermissen. Im März waren es noch 40%. Gleichzeitig sanken auch die Geduld mit den Kollegen und die Fehlertoleranz gegenüber dem Team.
- Bei unseren Verhaltensanalysen in den Unternehmen zeigte sich eine unterschiedliche Wahrnehmung zwischen Führungsebene und Mitarbeitern, die aus dem Homeoffice ins Unternehmen zurückgekehrt waren. Eine neutrale, anonymisierte und digital durchgeführte Befragung lieferte Ergebnisse hinsichtlich der Arbeitsorganisation, bei Veränderungs- und Kommunikationsprozessen und der Feedbackkultur, die die Unternehmensleitung völlig überraschte. Das Stimmungsbild der Belegschaft bewegte sich in einigen Bereichen plötzlich im gelb-roten Bereich. Es wurde deutlich, dass sich ein Wertewandel vollzogen hat und vieles hinterfragt wurde.
Bereits seit dem ersten Lockdown im März habe ich mit meinem Team ein tägliches Online-Meeting zur Mittagszeit eingeführt. Dabei sprechen wir nicht nur über Berufliches, sondern auch über persönliche Dinge oder aktuelle Geschehnisse. Es ist seither ein fester Termin im Kalender. Hier zeigt sich auch, wenn es mal jemanden nicht so gut geht. Unser Team ist dadurch noch enger zusammengewachsen. Ich bin der Ansicht, wir dürfen nicht verlernen über Persönliches zu reden und empathisch zu kommunizieren. Schließlich schafft die regelmäßige Frage nach dem Wohlbefinden des Mitarbeiters Vertrauen. Mitmenschlichkeit und Solidarität sind Schlüsselwörter unsere heutige Zeit.
3. Keine Angst vor dem Diskurs. Eine gute Streitkultur macht Entwicklungen erst möglich.
Empathische Kommunikation schließt eine gesunde Streitkultur nicht aus, im Gegenteil. Leider ist bereits viel an Kommunikation verloren gegangen, weil man sich mit seinem Gegenüber gar nicht mehr auseinandersetzt. An diesem Umstand sind unsere digitalen Kommunikationsmöglichkeiten nicht ganz unschuldig, sagt doch ein Mehr an Kommunikation nichts über die Qualität aus.
Mit den entsprechenden Spielregeln, die ausnahmslos für alle gelten, ist jedoch die Basis für eine zielführende Kommunikation geschaffen. Kommunikation ist ein Handwerkszeug und muss gelernt werden. Gute Kommunikation, gleich ob von Angesicht zu Angesicht oder digital, heißt die richtigen Fragen stellen und ganz wichtig: Zuhören. Sie basiert auf gemeinsamen Werten wie Höflichkeit, Akzeptanz, Loyalität und Ehrlichkeit und setzt voraus, dass derjenige mit dem ich spreche, berechenbar ist. Aber auch wenn man das Handwerkszeug gut beherrscht: Der Inhalt ist entscheidend – nicht über den anderen reden, sondern miteinander im Sinne der Sache.
Ich kann nur dazu ermutigen, keine Angst vor authentischer Kommunikation zu haben und eine wertebasierte Gesprächskultur zu leben. Dinge ehrlich anzusprechen und offen zu diskutieren, sind Zeichen von Vertrauen und letztlich der Motor für Weiterentwicklungen im Unternehmen.
Erhärtet sich der Verdacht, dass die Kommunikation im Team an irgendeiner Stelle nicht stimmt, greifen Sie bitte nicht sofort zu einem beliebigen Werkzeug, sondern analysieren Sie zunächst die Situation und das Stimmungsbild unter Ihren Mitarbeitern. Nehmen Sie die Probleme wahr. Erst über die Diagnose kann das richtige Werkzeug ausgewählt werden.
Wenn Sie wissen möchten, wie es Ihren Mitarbeitern geht, nehmen Sie mit mir unverbindlich Kontakt auf.
Kostenloses Online-Event am 14.01.2021 um 12:15 Uhr mit Ralf Wuzel & Sandro Wulf
Der Blick auf den Fahrplan. Wo stehen wir eigentlich mit unserem Unternehmen?
Der Vortrag beschäftigt sich auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung in Unternehmen mit wichtigen Steuerungselementen. Hierzu werden die verpflichtenden Rechtsgrundlagen, der betriebliche Nutzen und Mehrwert der Gefährdungsbeurteilung sowie die Rollen der betrieblichen Akteure aufgegriffen.
Damit reduzieren Sie nicht nur die Gefahr von Arbeitsunfällen und Haftungsfällen. Vielmehr können Sie den Krankenstand signifikant reduzieren. Positive Nebeneffekte sind eine Positionsbestimmung für Ihr Unternehmen, mit der Sie aus Veränderungen Verbesserungen erzielen können, eine bessere Mitarbeiterbindung und Fehlerkultur, die Ihr Unternehmen auch für andere Mitarbeiter interessant macht.