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Jeder kennt wahrscheinlich den Typ Mensch, der eine ganz besondere Souveränität, Ruhe und Gelassenheit ausstrahlt und auch bei stürmischer See sein Schiff sicher ans Ufer navigiert. Er ist wie das windstille Auge im Zentrum des Wirbelsturms oder der berühmte Fels in der Brandung. Mit der Bedrohung bisheriger Sicherheiten weiß er umzugehen und kann trotzdem optimistisch nach vorne blicken. Dabei ist das, was wir allgemeinhin mit dem Begriff der Resilienz bezeichnen nichts Angeborenes, etwas das man hat oder eben nicht. Resilienz ist erlernbar unter bestimmten Voraussetzungen.
Aber wofür brauchen wir eigentlich Resilienz?
Resilienz bezeichnet die Fähigkeit der psychischen Widerstandskraft gegen Umstände und Situationen, die Stress erzeugen. Unser bisheriges Selbstverständnis beruhte auf Gewohnheiten und alltäglichen Routinen, die es nun nicht mehr gibt. Ein Umstand, der uns einiges abverlangt. Es geht darum, sich selbst zu befähigen Krisen zu meistern, Niederlagen zu verarbeiten und daraus zu lernen. Wie das gelingen kann, zeigen die folgenden 10 Aspekte der Resilienz, die nicht nur für den Einzelnen gelten, sondern auch in der Unternehmenskultur verankert werden können.
1. Gesundes Selbstbewusstsein / Selbstwert
Was kann ich? Oder: Was kann ich nicht? Noch immer wird oft versucht, nur an den Schwächen zu arbeiten, statt die Stärken zu fördern und auszubauen. Dabei sind es gerade unsere Stärken, die ein gesundes Selbstbewusstsein unterstützen und uns unseren Selbstwert erkennen lassen. Erst dann ist es möglich, auch Verantwortung zu übernehmen. Nutzen wir dabei auch die Chance um von anderen zu lernen, nicht nur innerhalb, sondern zwischen den Generationen. Gute Teams zeichnen sich durch unterschiedliche Stärken und Erfahrungswerte ihrer Mitglieder aus.
2. Komfortzone verlassen
Für viele ist dieser wahrscheinlich der größte Schritt. Denn seine Komfortzone zu verlassen, heißt auch, sich seinen Ängsten zu stellen und über seinen Schatten zu springen. Wir sind mit neuen Umständen konfrontiert, die uns zu anderen Verhaltensweisen zwingen. Wer zum Beispiel bisher noch den neuesten technischen Entwicklungen aus dem Weg gegangen ist, ist nun plötzlich zu deren Anwendung gezwungen. Vertraute, alltägliche Routinen brechen in Krisen weg. Es entsteht dadurch aber Raum, um Vergangenes zu hinterfragen, neues entstehen zu lassen und eine wirkliche Chance gewohnte Pfade zu verlassen.
3. Optimistisch bleiben
Dabei geht es nicht um zwanghaft positives Denken, wie es uns viele Lifestyle-Ratgeber vermitteln wollen. Vielmehr zielt gesunder Optimismus darauf ab, nicht in Schockstarre zu verharren oder stehen zu bleiben. Wir sprechen von einem grundsätzlich positiven Blick in die Zukunft oder einer positiven Erwartungshaltung, auch wenn die Umstände in der Gegenwart etwas anderes zeigen. Damit verbunden ist unser nächster Punkt.
4. Veränderung akzeptieren
Das Leben ist Veränderung. Dies ist keine Plattitüde, sondern ein Faktum. Schauen wir doch nur in die Natur. Altes vergeht, Neues entsteht. Widerstand gegen Dinge, die wir nicht ändern können, kostet uns nur unnütz Energie. In der Akzeptanz der gegenwärtigen Situation kann ich in Ruhe darüber nachdenken, was ich daraus machen kann. Aber Achtung: Gemeint ist eine proaktive Form der Akzeptanz, keine Resignation oder Selbstaufgabe. Dann sind wir ganz schnell wieder in unserer Komfortzone. Die Frage ist: Baue ich mit Steinen eine Mauer oder einen Weg?
5. Raus aus der Opferrolle
In Verbindung mit unseren vorherigen zwei Punkten – dem Verharren in der Komfortzone und einem Widerstand gegen Veränderungen ist Selbstmitleid in der Opferrolle besonders tückisch. Kreiselnde Gedanken um die Frage „Warum“ führen die Menschen in eine Position, an der sich selbst klein machen und extrem in ihrer Handlungsfähigkeit einschränken. Menschen in der Opferrolle begrenzen sich selbst, da sie mit der Situation hadern, zum Abwarten neigen und auf Hilfe von außen warten beziehungsweise diese sogar erwarten. Auch einige Unternehmen zeigen Ansätze, sich in die Opferrolle zu begeben. Eine Haltung, die fatale Folgen haben kann. Und zwar dann, wenn andere Marktteilnehmer sie links überholen, nämlich die, die sich Selbstverantwortung auf die Fahnen geschrieben haben, statt im Selbstmitleid auf die Hilfe anderer hoffen.
6. Zielstrebigkeit
Damit sind wir bei unserem nächsten Aspekt: Zielstrebigkeit. Da, wo du hinsiehst, wirst du auch hingehen. Das muss nicht immer geradeaus sein. Umwege und Abzweigungen sind manchmal die Wege, auf denen man Dinge entdeckt, die noch fehlten, um das Ziel zu erreichen. Das Definieren und Erreichen von Zwischenzielen dienen als Motivationsanker. Wichtig sind außerdem der Mut zur Offenheit, Pragmatismus und ein Vorgehen nach dem Trial-and-Error – Prinzip.
7. Selbstkontrolle / Disziplin
Raus aus der Komfortzone und mit einem optimistischen Blick in die Zukunft und dem Ziel vor Augen, braucht es eine weitere wichtige Eigenschaft, um resilienter zu werden, nämlich Disziplin. Diese Eigenschaft wird oft negativ assoziiert mit Gehorsam oder Drill. Dabei ist die Disziplin im Gegensatz zum Drill etwas, was ich von innen heraus entwickle. Ich tue etwas, weil ich einsehe, dass es richtig ist und die Notwendigkeit erkenne. Dafür muss ich aber auch versuchen, es zu verstehen.
8. Ins Gleichgewicht kommen
Bei der jüngeren Generation merkt man es deutlich: Die Balance spielt eine große Rolle in ihrem Leben, in vielerlei Hinsicht. Wir reden dabei nicht (mehr) von der Work-Life-Balance, denn gerade diese Generation sucht nach einer Tätigkeit, die sie mit einem Sinn erfüllt, nach Unternehmen, die ihre Werte teilen. Ein gesundheitsförderndes Umfeld wird erwartet, auch am Arbeitsplatz. Mit Leib und Seele dabei zu sein, hebt die strikte Trennung auf. Arbeitszeit ist Lebenszeit. Für Unternehmen, die diesem Anspruch gerecht werden wollen, gilt: Mitarbeiter entzünden, nicht verbrennen!
9. Netzwerke aufbauen und pflegen
Das Wachstum an Wissen und die zunehmende Komplexität kann nicht mehr von einem Einzelnen bewältigt werden. Es braucht den Blick aus verschiedenen Perspektiven – alle schauen auf das gleiche, aber jeder sieht was anderes. Daraus entsteht ein Bild. Der Austausch an der Kaffeemaschine hat häufig noch ein negatives Image, dabei fördert gerade das zufällige Gespräch das Problemlösungsverhalten, neue Ideen und nicht zuletzt den sozialen Zusammenhalt. In dieser Zeit merken viele, dass ihnen genau das nun fehlt. Netzwerke, ob privat oder beruflich, unterstützen ein wechselseitiges Auffangen und bieten Ansprechpartner für verschiedene Situationen. Dabei gilt vor allem: Netzwerke müssen gepflegt und gelebt werden.
10. Empathie und Emotionale Intelligenz
Damit sind wir beim letzten Punkt angelangt. Netzwerke kann ich nur pflegen und wachsen lassen, indem ich auf den anderen eingehe. Empathie heißt, Gefühle und Emotionen meines Gegenübers zu erkennen und nachempfinden zu können. Es heißt auch, Veränderungen wahrzunehmen.
Mit der entsprechenden emotionalen Intelligenz habe ich zudem die Fähigkeit mit meinen eigenen Emotionen und Gefühlen und denen der anderen umzugehen, darauf zu reagieren.
Es heißt Krisen offenbaren den wahren Charakter der Menschen, aber auch der Unternehmen.
Mehr zum Thema Resilienz in der Podcast-Reihe «Im Wechselspiel der Kommunikation».