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Ja was macht ihn denn nun aus, den Führungsstil, der ein Team gut durch die Krise navigiert? Schnell meinen wir, die richtige Antwort parat zu haben. So und so muss jemand sein, dies und jenes muss er können. Auch wir wollen einen Versuch wagen, eine Antwort auf die Frage zu finden. Unser Ansatz ist ein subjektiver, der aus unseren ganz persönlichen Erfahrungen mit Kunden, Mandanten und Geschäftspartnern resultiert. Dazu müssen wir jedoch etwas ausholen und zunächst die aktuelle wirtschaftliche Situation im Gesamten betrachten.
Die derzeitige Situation bei vielen Unternehmen ist die, dass sie nicht wissen, ob sie die Krise wirtschaftlich überleben werden. Circa zehn Prozent der Unternehmen haben starke wirtschaftliche Probleme, erkennbar am Zahlungsverzug, der letztendlich auch vor- und nachgelagerte Wirtschaftszweige trifft. Das Insolvenzrecht sieht jedoch vor, dass noch bis 30. April 2021 die Insolvenz-Antragspflicht unter bestimmten Gründen weiter ausgesetzt werden kann, wenn die wirtschaftliche Lage coronabedingt ist und die beantragten Hilfen noch nicht ausgezahlt wurden.
Welchen Anteil an wirtschaftlichen Missständen hat Corona wirklich?
Aber was passiert ab Mai? Das fragt sich nicht nur der Unternehmer selbst, sondern auch seine Mitarbeiter, Kunden und die Gesellschaft. Für nicht wenige Betriebe werden die kommenden zwei Monate die letzte Chance sein, sich auf veränderte Bedingungen einzustellen. Es geht um aktive Adaption. Es geht darum, dass Führung wirklich dazu führt, dass Mitarbeiter und Unternehmen resilienter werden.
Es wird nicht besser, je weiter wir Dinge hinauszögern. Wir sind geprägt von stetigem Wandel und brauchen immer wieder Raum für Neues. Was sich nicht rechnet, was sich nicht trägt, geht kaputt. So hart es klingt, aber nichts anderes zeigt uns die Natur: Evolutionäre Adaption, Erneuerung folgt auf Zerstörung. Noch wirken die staatlichen Hilfen wie eine Infusion, die den Patienten am Leben erhält. Eine dauerhafte Infusion bringt jedoch keine Heilung, sie hält, wenn überhaupt, den Patienten stabil.
Und es muss die Frage erlaubt sein, woher der Staat das Geld nimmt. Sind es nicht am Ende die Unternehmen, die Ideen entwickelt haben und vernünftig am Markt wirtschaften und dadurch höhere Steuern zahlen? Fördern wir die richtigen oder die, die am lautesten rufen? Und wirklich Hand aufs Herz. Hat Corona wirklich so viele Geschäfte zerstört oder war das Fundament manchen Geschäfts längst nicht mehr tragfähig, die Geschäftsidee nicht mehr schlüssig und Corona nur ein Katalysator für das Ende, aber nicht der Grund?
Alte Automatismen und Abläufe funktionieren schon längst nicht mehr
Aber kommen wir zurück zu den Unsicherheiten, die die aktuelle Lage mit sich bringt. Noch immer gibt es verzweifelte Versuche, zum Alten und Bewährten zurückzukehren. Dabei ist diese Tür längst verschlossen. Alte Automatismen und Abläufe funktionieren schon längst nicht mehr. Es ist die Problematik der verdrängten Wahrnehmung aus der Freud’schen Verhaltenspsychologie. Ich sehe das, was ich gern sehen will. Alles andere blende ich aus. Dabei hat Corona uns allen den Spiegel vorgehalten. Hier, seht hin und seid ehrlich. Ist es wirklich wahr, was wir uns die ganze Zeit vorgemacht haben und uns und unseren Mitarbeitern glaubhaft machen wollten? Sind wir das, was wir vorgeben zu sein oder verharren wir nicht doch in alten Strukturen und es war bei Weitem nicht alles Gold, was glänzte, sondern manches nur das schillernde Spiegelbild unseres Luftschlosses?
Menschen brauchen Zukunftsperspektiven
Nicht selten, sind es gerade die Mitarbeiter, die Dinge hinterfragen. Passivität und Planlosigkeit werden nicht nur von den Kunden, sondern auch von ihnen abgestraft. Zwar brauchen Menschen ein gewisses Maß an Sicherheit, scheuen jedoch auch nicht die Veränderung, schließlich geht es um ihre Zukunftsperspektive. Und die Menschen wollen stolz auf ihren Arbeitgeber sein. Geldverdienen steht schon längst nicht mehr im Vordergrund, wie wir es noch von der Generation der Babyboomer kennen. Und auch die Schizophrenie der Work-Life-Balance gibt es bei der jüngeren Generation nicht mehr. Sie schauen aus einer anderen, holistischen Perspektive auf ihr (Berufs-)leben.
Was heißt das nun für die gute Führung? Letztendlich geht es um Ehrlichkeit und Verlässlichkeit, darum, der Situation ins Auge zu blicken, aber gleichzeitig auch Perspektiven zu entwickeln. Bisher bedeutete die Zukunft mit dem Ungewissen zu leben, aktuell bringt auch die Gegenwart Ungewissheiten. Wir merken aber erst, wenn wir loslaufen, ob wir die Marschroute halten, nicht, wenn wir auf der Stelle stehen. Der Unternehmer muss gerade in Krisenzeiten und Zeiten der Veränderung mit seinen Mitarbeitern offen reden und sie mitnehmen. Zukunft ist vor allem die gefühlte Welt vor uns. Empathie macht aus Unsicherheit Hoffnung auf die richtige Entscheidung.
Homeoffice verändert die Mitarbeiter
Schauen wir uns mal an, warum die Kommunikation so wichtig ist und dennoch zugleich so schwierig. Es heißt, der Mensch verinnerliche bereits nach 30 Tagen neue Gewohnheiten. Nun sind wir bereits seit knapp einem Jahr im Krisen-Modus. Neue Routinen haben bei den Menschen längst zu neuen Abläufen, Denk- und Verhaltensweisen geführt. Umso wichtiger ist es, miteinander zu reden, aufeinander einzugehen, einander aktiv zuzuhören.
Die Frage ist nur wie, wenn weite Teile der Belegschaft im Homeoffice arbeiten, die digitale Müdigkeit bei den Menschen zunimmt. Es fehlen die Kontakte mit rein zufälligen und zwanglosen Gesprächen, die Impulse geben, um Lösungen zu finden. Impulse lösen Anspannung und geben manchmal Wege frei. Noch im ersten Lockdown schätzten die Mitarbeiter die höhere Effektivität im Homeoffice, nun scheint sich das Blatt zu wenden.
Private Stressfaktoren übertragen sich auf den Beruf. Mitarbeiter, auf die man vorher gebaut hat, brauchen nun selbst Unterstützung und Zuwendung in der Krise. Wandlungen passieren schneller aufgrund der Umstände, weil alte Konditionierungen nur noch bedingt funktionieren. Das kann ein Vorteil sein, aber in einem nicht förderlichen Umfeld auch Nachteile mit sich bringen. Für Führungskräfte wird es zur Herausforderung, die Veränderungen rechtzeitig zu erkennen.
In Krisensituationen zeigt der Mensch seinen wahren Charakter
Wie muss denn gute Führung nun aussehen auf der Basis unseren bisherigen Betrachtungen?
Führen hat verschiedene Facetten. Das System Befehlsgeber und Befehlsempfänger funktioniert jedenfalls definitiv nicht mehr. Empathie und Werte, Gemeinsamkeiten und Bindung dürfen nicht unterschätzt werden. Es gibt kein Patentrezept für den richtigen Führungsstil. Führung ist dynamisch, nicht statisch. Sie ist adaptiv und passt sich den Gegenseiten und den Menschen an.
Wir wollen jedoch die Frage nicht ganz offenlassen und aus dem bisher Gesagten unser ganz persönliches Bild einer guten Führungskraft mit folgenden grundlegenden Merkmalen zeichnen:
- Gute Führung erfordert gedankliche Offenheit, die Wandlung mitzugehen.
- Sie hat den Mut, auch Verletzlichkeit zu zeigen, Unsicherheiten aushalten zu können.
- Eine gute Führungskraft ist kein Schönwetter-Segler, sondern jemand, der auch bei rauer See das Ruder in der Hand hält.
- Sie überzeugt durch Handeln! Denn gerade in Krisensituationen zeigt der Mensch seinen wahren Charakter.
- Genauso ist eine gute Führungskraft aber auch in der Lage, für sich selbst Regenerationsmöglichkeit zu schaffen, indem sie Unterstützung zulässt, sich auch mal zurückfallen lässt, um im Windschatten zu fahren wie im Radsport – ein Zeichen für gemeinsame Verantwortung.
- Gute Führung lässt Freiräume.
- Sie ist in der Lage, das Spiel zu lesen, um in der Sprache des Sports zu bleiben, und daraus die richtigen Entscheidungen zu treffen.
- Gute Führung pflegt einen offenen und ehrlichen Umgang mit ihren Stakeholdern, stellt sich auf die Verschiedenartigkeit der Menschen ein und denkt holistisch, statt linear.
Gute Führung entscheidet, ob Mitarbeiter für ihre Arbeit und ihr Unternehmen brennen.
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