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Von Daniel De Paola
In unserem letzten Podcast „Das sind wir. Menschen und ihre Themen“ am 27.5. ging es unter anderem um den „Perfektionismus“. In meinem Buch „Wege weg vom Stress“ behandle ich dieses Thema gleich im ersten Kapitel. Für mich ein wichtiges Thema, denn auch in mir steckt ein solcher Perfektionist.
Als ich etwa Mitte zwanzig war, kontrollierte dieser Perfektionismus fast mein gesamtes Leben. Einige Zwangsstörungen traten auf, die mich schließlich dazu bewegten, nach fast zweihundert gefahrenen Kilometern wieder umzudrehen, um nachzuschauen, ob ich die Wohnungstür offengelassen haben könnte. Das war der Punkt, an dem ich mich intensiv damit auseinandersetzte. Perfektionismus ist einer unserer Hauptstressoren. Immer wieder gibt es etwas, das uns in Aktion versetzt. Liegt ein Krümel auf dem Boden, muss er entfernt werden. Erst ins Bett gehen, wenn die Küche aufgeräumt ist. Erst Feierabend machen, wenn keine Mail unbeantwortet im Posteingang steht. Nur noch kurz die Welt retten, dann…
Perfektionismus erkennen
Das eigentlich Gefährliche daran ist, dass wir unsere inneren Signale und die unseres Körpers völlig außer Acht lassen. Wir funktionieren und kontrollieren. Das ist auch der Grund, warum wir das oft sogar positiv betrachten und nicht bemerken, dass wir ständig unsere Grenzen überschreiten. Es fühlt sich gut an, die Kontrolle zu haben. Im Podcast haben wir uns zunächst über den Perfektionismus an sich ausgetauscht. Beim nächsten Mal wird dies dann im Kontext zur Pflege vertieft.
Ich möchte diesen Beitrag aber nicht ohne eine Idee verfassen, wie man dem Perfektionismus etwas entgegensetzen kann. Zunächst ein interessanter Fakt. Stress ist wichtig, und wir brauchen ihn wie die Luft zum Atmen. Doch wenn wir nur noch nach Luft hecheln, hyperventilieren wir. Uns geht es also besser, wenn wir auf das Ausatmen genau so viel Wert legen wie auf das Einatmen. So ist es auch beim Stress. Anspannung und Entspannung sind gleichermaßen von Bedeutung. Als Perfektionist sind wir quasi am Hyperventilieren.
Gehören Sie zu den Menschen, die erst entspannen können, wenn alles erledigt ist? Sind Sie erst zufrieden, wenn alles in Ordnung ist? Streben Sie jeden Tag das Optimum an und sind unzufrieden, wenn Sie es nicht erreichen? Fühlen Sie sich schlecht und schuldig, wenn Sie müde ins Bett fallen, aber der Esstisch noch nicht abgeräumt oder der Frühstückstisch bereits gedeckt ist? Schauen Sie dreimal nach, ob Sie den Schlüssel auch wirklich eingepackt haben? Kommen Sie aus dem Konzept, wenn etwas nicht dort liegt, wo es eigentlich sein sollte? Das sind alles Indizien dafür, dass Sie eine Perfektionistin oder ein Perfektionist sein könnten.
Mut zur Unordnung und Unvollkommenheit
Würde es Sie Überwindung kosten, einfach mal locker zu lassen? Das ist nämlich mein heutiger Tipp. Bringen Sie einmal absichtlich und ganz mutwillig etwas Unordnung in Ihr Leben. Und zwar so lange, bis Sie sich nicht mehr schlecht fühlen und es Ihnen fast egal geworden ist. Sie sollen jetzt nicht ins komplette Gegenteil fallen. Kleinigkeiten reichen völlig aus. Lassen Sie einmal absichtlich den Schreibtisch unaufgeräumt zurück. Die letzten drei Mails, die gerade kurz vor Feierabend reingekommen sind, lassen Sie ungeöffnet im Posteingang stehen. Die Krümel auf dem Küchenboden dürfen warten, bis Sie sowieso die Etage wischen, saugen oder fegen. Widerstehen Sie dem Drang, noch einmal nachzuschauen, ob der Schlüssel in der Tasche ist, und verlassen Sie sich darauf, dass Sie ihn eingepackt haben. Schauen Sie einmal, was das bei Ihnen sein könnte, was Sie besonders nervt und viel Energie kostet. Einatmen, Ausatmen. Anspannung, Entspannung. Schenken Sie sich Vertrauen, dass Sie die Dinge im Griff haben, und seien Sie dankbar für das, was Sie bereits alles geschafft haben.
Die kleinen Erfolgserlebnisse werden Sie selbstBEWUSSTer machen, das verspreche ich Ihnen. Haben Sie Geduld mit sich. Noch etwas: Jeder Tag ist anders, doch wir versuchen oft, jeden Tag zu etwas Vertrautem zu machen. Am Ende wundern wir uns, wenn die Zeit wie im Fluge vergeht, und wir nichts richtig erleben. Wie auch, wenn wir das Leben aussperren, indem wir versuchen, es in jedem Augenblick zu kontrollieren? Abweichungen sind keine Defekte oder Probleme, sie sind das Leben selbst. Ich sage immer: „Nichts und niemand ist perfekt. Oder, alles ist perfekt.“ Das entspannt mich. Entweder ist niemand perfekt, dann ist es auch nicht schlimm, dass ich es nicht bin. Oder eben, es sind alle perfekt, dann bin ich es ebenfalls, so wie ich bin. Perfektionismus birgt die Gefahr, dass er zur Sucht wird und damit die Kontrolle über unser Leben übernimmt. Mit diesen einfachen Mitteln kann dem entgegengewirkt werden.
Ich wünsche Ihnen dabei viel Erfolg. Und, machen Sie es nicht perfekt. Es genügt, wenn es gut ist. Oder manches wird erst gut, wenn wir es gut sein lassen.
Ihr
Daniel De Paola
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